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Archiv-Artikel

Im Wahlkampf nicht erwünscht

Im Endspurt um die Macht versteckt die SPD nicht nur ihren Ex-Superminister Clement. Auch die Ressortchefs Eichel und Bulmahn bleiben bleiben außen vor, und die Grünen lassen Trittin links liegen

VON ANDREAS WYPUTTA

Fällt der Name Wolfgang Clement, reagiert die Parteizentrale der nordrhein-westfälischen SPD patzig. Nein, man wisse nicht genau, wann der ehemalige Ministerpräsident des Bundeslandes seine Auftritte im Landtagswahlkampf absolviere. „Das wird bei Clement immer ganz kurzfristig bekannt gegeben“, sagt Düsseldorf. Vielleicht könne ja Clements Ministerium weiterhelfen. Doch auch Clements Sprecherin gibt sich hilflos, verweist auf die SPD-Bundestagsfraktion – und zurück an die Düsseldorfer Zentrale der Landespartei: „Die müssen das doch wissen, die koordinieren ihren Wahlkampf immer noch selbst.“

Knapp zwei Wochen vor der Wahl hat das Chaos Methode: In den offiziellen Wahlkampf-Terminplänen der Sozialdemokraten dominiert die landespolitische Prominenz. Die Bundespolitik bleibt außen vor: So ist der Name der wenig bekannten Parteilinken Andrea Nahles dort sogar häufiger zu lesen als der des Bundesparteichefs und Kapitalismuskritikers Franz Müntefering – dabei ist der fast täglich auf den Bühnen an Rhein und Ruhr im Einsatz.

Das Berliner Kabinett wird mehr versteckt als beworben: Von Wolfgang Clements fünf verbleibenden Wahlkampfauftritten werden nur zwei überhaupt erwähnt, der Rest ist Schweigen.

Fast scheint es, als schämten sich die Sozialdemokraten für Nordrhein-Westfalens ehemaligen Regierungschef, der in Berlin mittlerweile als „Ankündigungsminister“ gilt. Außer nach Bielefeld darf der Bundesarbeitsminister, in dessen Ressort Hartz und die ansteigenden Arbeitslosenzahlen fallen, nur die Provinz besuchen: Wesseling, Metelen, Burgsteinfurt heißen die Orte, in denen für Clement in NRW noch die Musik spielt. „Ministerpräsident Peer Steinbrück tritt nicht zusammen mit Clement auf“, sagt ein Vertrauter des Regierungschefs – und lobt stattdessen den gemeinsamen Wahlkampfabschluss, den Steinbrück zusammen mit Müntefering und Bundeskanzler Gerhard Schröder in Dortmund über die Bühne bringen will.

Ähnliches gilt für Bundesfinanzminister Hans Eichel. „Der war schon hier“, versichert ein Parteisprecher treuherzig. Wo und wann der ehemals „eiserne Hans“ zu Bürgerinnen und Bürgern, Genossinnen und Genossen gesprochen hat, ist in Düsseldorf nicht mehr bekannt. Auch Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn scheint kein Pfund zu sein, mit dem die NRW-SPD wuchern will – dabei hatte Ministerpräsident Steinbrück zu Beginn des Wahlkampfs angekündigt, „die Bildung“ zu einem zentralen Thema machen zu wollen. „Eichel und Bulmahn absolvieren kleinere Termine. Da werden keine großen Bühnen aufgebaut“, räumt der Sprecher ein.

Während die SPD die Hartz-Gesetze, Sozialproteste und marode Staatsfinanzen lieber ausblenden will, sorgen sich die Grünen um die Atompolitik. Schon vor Wochen hätten führende Grüne aus Nordrhein-Westfalen ihren auch für die Atomaufsicht zuständigen Bundesumweltminister Jürgen Trittin aufgefordert, im Wahlkampf möglichst wenig Gesicht zu zeigen, ist aus der grünen Bundesarbeitsgemeinschaft Energie zu hören. Und tatsächlich darf Trittin bis zum Wahltag am 22. Mai nur in Bochum und Krefeld auftreten. Neben ihren eigenen Spitzenkandidaten Bärbel Höhn und Michael Vesper setzen die Grünen auf die Bundesparteichefs Claudia Roth und Reinhard Bütikofer – und trotz Visa-Affäre auf Joschka Fischer: Der in Meinungsumfragen abgestürzte Bundesaußenminister kommt noch sieben Mal nach NRW.

Ganz auf Bundesprominenz setzt dagegen die Opposition. Die CDU bietet neben Parteichefin Angela Merkel die Ministerpräsidenten Wulff, Stoiber, Koch und Althaus auf und die konservativen Innenminister Schönbohm und Beckstein. Der Bundesparteichef der Freidemokraten Guido Westerwelle inszeniert sich als One-Man-Show – und übertrifft dabei sogar den SPD-Vorsitzenden Müntefering: Die SPD-Ikone kommt auf 40, Westerwelle auf 50 Auftritte. Die SPD-geführte Regierungszentrale aber setzt noch immer auf Sieg: „Steinbrück hat von morgens bis abends Termine“, ist aus der Staatskanzlei zu hören. „Der arbeitet wie ein Tier.“