piwik no script img

Archiv-Artikel

Rot-Rot lädt Spekulanten zu Tisch

Kurz vor der drohenden Räumung des Hausprojektes Yorck 59 wollen SPD und PDS nochmal mit dem Eigentümer über ein Tauschgeschäft verhandeln. Zuvor hatten Freunde des Projektes die Landeszentralen der Parteien besetzt

Drei Wochen vor der angekündigten Räumung des Kreuzberger Hausprojekts in der Yorckstraße 59 haben die nimmermüden Bewohner einen Etappensieg errungen: Die Landesverbände der SPD und PDS erklärten sich gestern bereit, den Hauseigentümer zu einem runden Tisch einzuladen. Das haben rund 60 Sympathisanten der Yorck 59 ertrotzt, die die Landeszentralen der Parteien am Montagabend besetzt hatten. Nun soll nochmals mit dem Eigentümer Marc Walter über ein Tauschgeschäft verhandelt werden.

Walter hatte die Yorck 59 vor anderthalb Jahren gekauft – und wollte wenig später die Miete für das Hausprojekt verdoppeln, das seit 18 Jahren Wohngemeinschaften und linke Initiativen nutzen. Weil die die Mieterhöhung nicht zahlen können und wollen, hat Walter mittlerweile einen Räumungstitel vor Gericht durchgesetzt.

Die Bewohner wehren sich dagegen seit Monaten mit spektakulären Aktionen. Walter bot ihnen daraufhin das Haus zum Kauf an: Für 2,5 Millionen Euro, fast 1 Million mehr, als er selbst bezahlt hat. Die Bewohner sind zwar zum Kauf bereit: allerdings nicht zu diesem Preis.

Auch der von Seiten der Politik vorgeschlagene Haustausch scheitert bisher an Walters Wertvorstellung: Der landeseigene Liegenschaftsfonds hat ihm als Ersatz für die Yorckstraße 59 eine Immobilie aus den eigenen Beständen angeboten. Die Bewohner könnten dann wiederum ihr Haus vom Land erwerben. Einige Objekte des Fonds hat sich der Hamburger nach Angaben der Bewohner sogar angesehen. „Das Haus in der Yorckstraße gegen ein 2,5-Millionen-Euro-Objekt zu tauschen ist allerdings nicht möglich“, betont Stefan Zackenfels, SPD-Abgeordneter aus Kreuzberg. Ebenso wie die Yorck-Bewohner hofft der Vorsitzende des Unterausschusses Beteiligungen jedoch, dass Walter sich beim runden Tisch kompromissbereiter zeigt als bisher.

Dazu müsste der jedoch erst einmal erscheinen. Einer ähnlichen Einladung des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg kam er im Februar nicht nach. Diesmal aber soll die Runde prominenter besetzt sein. Die Bewohner der Yorck 59 verlangen, dass mindestens je ein Senator von SPD und PDS Platz nimmt. Der PDS-Landesvorsitzende, Stefan Liebig, hat dies für seine Partei bereits zugesagt. Sozialdemokrat Zackenfels versprach nur, sich darum bemühen zu wollen.

Auch sonst hat die SPD den Bewohnern weitaus mehr Anlass gegeben, an der Aufrichtigkeit ihres Engagements zu zweifeln, als die PDS. Die gemeinsame Pressekonferenz von Bewohnern, SPD und PDS wurde gestern kurzfristig von der SPD-Landeszentrale in das Kreisbüro Friedrichshain-Kreuzberg verlegt. Und der Landesgeschäftsführer Rüdiger Scholz, der den Bewohnern bei der Besetzung am Montagabend noch seine Teilnahme zugesichert hatte, blieb ihr gestern fern. Nur Parteisprecher Hannes Hönemann kam vorbei – als schweigsamer Gast in der Nähe des Ausgangs.

NICOLE WELGEN