: Eine Geschichte zum Heulen
Der Tränenpalast wird nun doch an den Großinvestor Müller-Spreer verkauft. Der Bund wollte helfen und darf aber nicht. Noch wissen die derzeitigen Betreiber nicht, wie lang sie weitermachen
VON TINA HÜTTL
Die Stimmung bei den Betreibern des Tränenpalastes ist weit unter dem Nullpunkt. Kein Wunder: Bis vor kurzem wähnten sie sich dank Finanzierungszusage des Bundes noch als die glücklichen Käufer ihres Kulturbetriebs. Jetzt aber ist klar: Das Land Berlin verkauft das Gelände samt Tränenpalast doch an den Großinvestor Harm Müller-Spreer, dem schon die umliegenden Grundstücke gehören.
Für den Geschäftsführer des Tränenpalastes, Marcus Herold, ist damit erst einmal „alles gelaufen“. Zwar haben die jetzigen Betreiber einen Mietvertrag bis 2008. Doch die Motivation, unter dem Vermieter Müller-Spreer weiterzumachen, fehle momentan gänzlich, so Herold.
Die schlechte Nachricht kam völlig überraschend. Nachdem der Bund und das Bonner Haus der Geschichte versichert hatten, die von der Finanzverwaltung geforderte Kaufsumme von 915.000 Euro zu übernehmen, schien die Zukunft des Hauses nach monatelangem Tauziehen endlich gesichert: Nicht nur die weitere kulturelle Nutzung durch die jetzigen Veranstalter, auch eine Dokumentation in der ehemaligen DDR-Grenzabfertigungshalle am Bahnhof Friedrichstraße im Rahmen des Mauergedenkens waren abgemacht. Letzteres wünschte auch Berlins Kultursenator Thomas Flierl (PDS). Daraus wird nun nichts. Doch am Geld liegt es ausnahmsweise nicht und auch den Bund trifft keine Schuld.
„Vielmehr scheitern die Pläne an der Dusseligkeit der Finanzverwaltung, die sich zu weit auf den Investor Müller-Spreer eingelassen hat“, sagt Alice Ströver (Grüne), Vorsitzende des Kulturausschusses. Das Ganze sei ein Trauerspiel, das zeige, wie wenig dem Land ein unabhängiger Kulturbetreiber wert sei – und wie viel mehr ein Investor: Als Müller-Spreer im November 2004 die umliegenden Gelände kaufte, sicherte ihm die Finanzverwaltung auch das Erwerbsrecht für das Tränenpalast-Grundstück zu – für den Fall, dass die jetzigen Betreiber ihr Vorkaufsrecht nicht nutzen.
Ausgerechnet über diese Klausel stolpern nun die Tränenpalast-Macher, denn in rechtlichem Sinne wollten nicht sie, sondern der Bund kaufen. Das aber lehnt Müller-Spreer ab. Als „unverständlich“ bezeichnete Knut Nevermann, Ministerialdirektor der Bundeskulturbeauftragten Christina Weiss, diese Regelung mit dem Großinvestor. In einem Schreiben an die Berliner Kultur- und Finanzverwaltung bedauert er, dass das Land sich „leider nicht in der Lage sieht, das Grundstück direkt an uns zu verkaufen“. Ein Konstrukt, nach dem der Kauf zwar offiziell durch die Tränenpalast GmbH erfolgen würde, die Garantie für das Geld aber vom Bund übernommen würde, lehnte Nevermann aufgrund „gravierender haushaltsrechtlicher Bedenken“ und der Nähe zu einem „Umgehungsgeschäft“ ab.
Auch eine in letzter Minute von Geschäftsführer Herold und Flierls Staatssekretärin Barbara Kisseler entworfene Variante, eine Tränenpalast-Stiftung zu gründen, brachte keine Rettung. Nun ist die Luft raus, sagt Marcus Herold. Zum Dank für ihren Einsatz schickte er Kisseler drei langstielige Rosen – auch wenn der Kultursenat gegen die Finanzverwaltung dieser Stadt offensichtlich nichts ausrichten könne.