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Archiv-Artikel

Am richtigen Tisch

Günter Beck sitzt schon im Büro des Oberbürgermeisters (OB). Vorerst vertritt er aber als amtierender Bürgermeister nur den Ende letzten Jahres zurückgetretenen SPD-Mann Jens Beutel. Und so hat sich Beck zunächst provisorisch am Besuchertisch des Mainzer OB-Büros eingerichtet, das verlange „der Respekt vor dem Amt“, so der 55-Jährige. Allerdings hat er sich fest vorgenommen, „bald am richtigen Tisch zu sitzen“. Und dafür stehen seine Chancen nicht schlecht.

Am Sonntag wird in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt ein neuer OB gewählt, Beck geht als Kandidat der Grünen ins Rennen. Laut aktuellen Umfrageergebnissen liefert er sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Sozialdemokraten Michael Ebling, das vermutlich in einer Stichwahl enden wird. Abgeschlagen dahinter liegt der CDU-Kandidat Lukas Augustin.

Der dürfte durch den jüngsten Skandal um seine Entlassung bei der Stadtentwicklungsgesellschaft Ingelheim weitere Stimmen verlieren. Augustin will trotzdem weiter um die OB-Nachfolge kämpfen. Das tut auch Beck, allerdings in einem engen Zeitkorsett. Denn als Interims-OB, amtierender Bürgermeister und Wahlkämpfer arbeitet er momentan 16 Stunden pro Tag. Das sei schon „anstrengend“, zumal er immer darauf achten müsse, „die Ämter klar von den Wahlkampfterminen zu trennen“. Das ist dem gebürtigen Mainzer wichtig, denn in der Vergangenheit sei „in Mainz einiges schiefgelaufen“.

Er spielt auf die Affäre um die städtische Wohnungsgesellschaft an, die mit riskanten Finanzgeschäften mehrere hundert Millionen Euro Miese machte. Außerdem trat der ehemalige OB Beutel nach etlichen Affären schließlich wegen einer unbezahlten Rechnung in einer Hotelbar in Ruanda zurück. Günter Beck will, dass „die Menschen wieder stolz sein können auf ihre Stadt“. Der bekennende Fassenachter bezeichnet sich selbst als „Mainzer durch und durch“. Und er will für seine Stadt die Haushaltskonsolidierung „konsequent fortsetzen“. Dies könne, das gibt der ehemalige Unternehmer zu, „unbequeme Maßnahmen“ beinhalten. Doch auch das sei Aufgabe desjenigen, der künftig am „richtigen Tisch“ Platz nimmt. TIMO REUTER