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Archiv-Artikel

Verfolgte Unschuld

Matthias Wehrmeyer war Gerhard Glogowskis treuester Helfer. Wegen Meineids wurde er gestern verurteilt

Vor sechs Jahren verschwand Gerhard Glogowski (SPD), zuvor niedersächsischer Ministerpräsident, mit Radau von der politischen Bühne. Unter anderem, weil er sich seine Hochzeitsfeier von befreundeten Firmen hatte sponsern lassen. Umstritten war auch, wer einen Opernbesuch bezahlt hatte, für den der Schröder-Nachfolger samt Gattin nach Kairo geflogen war.

Noch immer aber werden seine Hinterlassenschaften sortiert – von der Justiz. Im Mittelpunkt des gerichtlichen Verfahrens steht nicht der Ex-Ministerpräsident selbst, inzwischen Präsident beim Fußballverein Eintracht Braunschweig, sondern sein ehemaliger Büroleiter Matthias Wehrmeyer. Das Landgericht Hannover verurteilte ihn gestern zu sechs Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldstraße von 2.000 Euro – wegen Meineids.

Die Falschaussagen soll Wehrmeyer – natürlich – bei der Glogowski-Affäre gemacht haben. Bei ihm nämlich, schon zu Glogowskis Zeit als Braunschweiger Oberbürgermeister dessen persönlicher Referent, sollen in der Staatskanzlei alle Fäden zusammengelaufen sein. Im Untersuchungsausschuss zur Glogowski-Affäre bezichtigte die damalige Opposition den ehemaligen Spitzenbeamten, belastende Akten vernichtet zu haben.

Um so tragischer für Wehrmeyer, dass sein Ex-Chef, vor Gericht als Zeuge geladen, nichts zur Erhellung des Sachverhalts beitragen konnte. „Die Staatsanwaltschaft kriegt mich nicht in den Knast, und die Partei auch nicht“, soll Wehrmeyer vor wenigen Tagen auf dem SPD-Bezirksparteitag in Wolfsburg getönt haben. Vor Gericht gab er sich eher kleinlaut: Er fürchte um seine berufliche und damit auch materielle Existenz, sagte er im Schlusswort. Der Mann, der früher die Fäden zog, verrichtet seinen Dienst mittlerweile im Landesamt für Soziales. Sollte er rechtskräftig verurteilt werden, folgt ein beamtenrechtliches Disziplinarverfahren. Doch das kann dauern: Wehrmeyers Anwalt hat angekündigt, Rechtsmittel einzulegen. taz