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Archiv-Artikel

Gloysteins große Privatisierungs-Pläne

Der Wirtschaftssenator stellt CDU-Positionen zur Wirtschaftsentwicklung vor, die er mit dem Koalitionspartner verhandeln will. In der eigenen Fraktion wissen wenige Politiker von seinen und den Plänen von Handelskammer-Präses Patrick Wendisch

bremen taz ■ Peter Gloystein reicht’s. Der CDU-Wirtschaftssenator stellt mit dem Präses der Handelskammer, Patrick Wendisch, Forderungen auf, die vermutlich beim Koalitionspartner auf Widerstand stoßen. In einer Pressekonferenz, auf der die beiden ein Thesenpapier zur Sicherung der Zukunft des Mittelstandes vorstellen, redet Gloystein Tacheles.

Vor allem die Privatisierung von Staatsbetrieben geht ihm zu langsam und nicht weit genug. „Dass die SPD beim Verkauf der Gewoba zögert, finde ich nicht gut“, sagt der Wirtschaftssenator. An einer Privatisierung werde man nicht vorbei kommen. „Warum braucht ein Staat heute noch Wohnungen, die genauso gut privat vermietet werden können?“ Und auch andere Unternehmen hat der Senator schon ins Visier genommen. Lagerhausgesellschaft? Warum nicht. Flughafen? Kann man drüber nachdenken. Krankenhausgesellschaft? In ein oder zwei Jahren sei auch das möglich. Bremen stehe vor einem Paradigmenwechsel. Seine Vorschläge seien ausdiskutiert, aber noch nicht mit allen Ressorts und dem Koalitionspartner abgestimmt. „Das ist die Position der CDU“, sagt der Wirtschaftssenator.

Rita Mohr-Lüllmann ist von Plänen ihrer Fraktion über eine mögliche Privatisierung der Krankenhäuser nichts bekannt. „Es gibt zwar immer wieder Kaufinteressenten, aber die Umstrukturierung der Krankenhäuser und der Holding hat Vorrang“, erklärt die gesundheitspolitische Sprecherin. In der Fraktion sei auch nicht über andere mögliche Privatisierungen gesprochen worden.

Gloystein erhofft sich durch den Verkauf staatlicher Betriebe in erster Linie eine Füllung der leeren Staatskassen. Zum anderen ist seine Hoffnung, dass Bremen eine Art Vorreiter für andere Länder in der Privatisierung werde. „Wenn wir das nicht hinbekommen, hat die Große Koalition einen großen Teil des politischen Vertrauens verbraucht“, erklärt Gloystein.

In der CDU-Fraktion wird zwar immer wieder über mögliche Privatisierungen gesprochen, doch dabei sei auch herausgekommen, dass sich etwa eine Privatisierung des Flughafens zur Zeit nicht lohne, so Helmut Pflugradt, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft. Es sei bekannt, dass die SPD Probleme damit habe, Privatisierungen zuzustimmen –„siehe Gewoba“. Und wie schätzt er die Chancen ein, dass die SPD diesen Plänen zustimme? Da lacht der Finanzexperte und sagt: „Man soll die Hoffnung ja nie aufgeben.“

Die Hoffnung stirbt auch beim Wirtschaftssenator zuletzt. Die Politik müsse wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für mittelständische Unternehmen schaffen. Dazu gehöre auch eine Senkung der Gewerbesteuer, um Betriebe im Land Bremen zu halten, sagt er. Die Kosten für die Senkung auf mit dem niedersächsischen Umland vergleichbare Sätze bezifferte er mit rund 16 Millionen Euro.

„Wir hoffen, dass wir durch neue Ansiedlungen höhere Einnahmen erzielen können“, erklärt Patrick Wendisch. Die Pläne der SPD, die Gewerbesteuer zu erhöhen, seien nicht zielführend, weil dadurch keineswegs höhere Einnahmen gewährleistet seien, wenn keine neuen Betriebe hinzukämen und bestehende nicht neu investierten. Gloystein wurde deutlicher: Er bezeichnete die SPD-Pläne als „Blödsinn“.

Und auch bei den Studiengebühren gehen Handelskammer und Wirtschaftsressort in die Offensive. Die seien in Bremen notwendig – und zwar für alle Studierenden, die nicht unter eine Härtefallregel fielen. Bremen müsse sich mit anderen Ländern vergleichen und seine Position verbessern. Das SPD-geführte Bildungsressort befürwortet das so genannte Landeskinder-Modell, das Bremer Studierenden ein kostenfreies Erststudium ermöglichen soll. Darauf habe man sich auch im Koalitionsausschuss verständigt, sagt der Sprecher des Bildungsressorts.

Gloysteins Zehn-Punkte-Plan soll in ein Mittelstandsförderungsgesetz münden. Der Senator will Bürokratie abbauen, mittelständische Unternehmen stärker fördern und zinsgünstigere Kredite bewilligen. Dafür will Peter Gloystein jetzt werben.

kay müller