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Archiv-Artikel

Hamburg statt Kabul

Der CDU-Senat in Hamburg scheitert erst einmal mit seinen Plänen, afghanische Flüchtlinge abzuschieben

HAMBURG taz ■ Das CDU-regierte Hamburg muss vorerst darauf verzichten, als erstes Bundesland afghanische Bürgerkriegsflüchtlinge abzuschieben. Vier Betroffene reichten Asyl- oder Petitionsanträge ein. Ein anderer kündigte die Heirat mit einer Deutschen an. So wurde bislang nur ein inhaftierter Straftäter ausgeflogen – doch er hätte auch ohne die seit dem 1. Mai geltende Aufhebung des bundesweiten Abschiebestopps für Afghanen ausreisen müssen.

Der bundesweite Flüchtlingsverein „Pro Asyl“ kritisierte die Zwangsabschiebungen „in ein Bürgerkriegsland voller Elend und Trümmer“. Ähnlich die Grünen: Der Stadtstaat stehe „mit seiner Rücksichtslosigkeit bundesweit allein da“, stellte die Hamburger Parteichefin Anja Hajduk fest. Heute werden die Flüchtlingspastorin der Nordelbischen Evangelischen Kirche, Fanny Dethloff, und die Hamburger grüne Innenpolitikerin Antje Möller von einer Reise durch Afghanistan zurückerwartet. Ihr erstes Fazit in einem Telefonat mit der taz: „Hier herrscht Hoffnungslosigkeit.“

Bis zu 3.000 der 15.000 in Hamburg lebenden Afghanen haben keinen gesicherten Aufenthaltsstatus und sind aus Behördensicht „grundsätzlich ausreisepflichtig“.

Innensenator Udo Nagel (CDU) beharrte gestern auf seiner „Linie der zwangsweisen Rückführung“. Am nächsten Mittwoch will er einen erneuten Abschiebeversuch starten. Dagegen demonstrierten gestern etwa 3.000 Afghanen und Deutsche in der Hamburger Innenstadt. SVEN-MICHAEL VEIT