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Archiv-Artikel

Flugi mit Nachschlag

Neonazi erhält Bewährungsstrafe, weil er einen Passanten vor einem NPD-Stand attackiert hat

Nach dem Übergriff auf einen Passanten in Prenzlauer Berg hat das Amtsgericht Tiergarten gestern einen Neonazi wegen Körperverletzung zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Der Angeklagte hatte im Juli vergangenen Jahres vor einem Werbestand der rechtsextremistischen NPD auf der Schönhauser Allee einen 25-jährigen Mann von hinten angesprungen und in den Würgegriff genommen. Grund war offenbar, dass dieser von den NPD-Werbern verteilte Flugblätter zerknüllt und weggeworfen hatte.

Der Geschädigte hatte nach seinen eigenen Worten das Flugblatt demonstrativ zerknüllt und weggeworfen, um sein Missfallen gegenüber der Partei und ihrem Programm zum Ausdruck zu bringen. „Und da war der Herr Angeklagte auch schon auf mir drauf“, sagte der Zeuge. Er sei angerempelt und in den Schwitzkasten genommen worden.

Der Angeklagte habe sich provoziert gefühlt und heftig überreagiert, hieß es im Urteil. Vor Gericht hatte er den Übergriff zwar gestanden, jedoch die Vorgeschichte anders geschildert. Seinen Angaben nach war der 25-Jährige noch einmal zurückgekommen und hatte einem der Männer am Stand einen Stapel Flugblätter aus der Hand gerissen. „Selbst wenn es so gewesen wäre, deckt das keinesfalls das Verhalten des Angeklagten“, sagte der Staatsanwalt. Mit dem Urteil folgt das Gericht seinem Antrag. Die Verteidigung hatte eine Geldstrafe gefordert. Nach Auffassung des Verteidigers ist der Angeklagte angespannt und wehrbereit gewesen. Er habe gemeint, einen Dieb festhalten zu müssen.

Ein Polizeibeamter hatte den Vorfall beobachtet und war eingeschritten. Beim Versuch, den Angeklagten von dem Geschädigten wegzuzerren, waren alle drei gestürzt. Trotz Einschreitens der Polizei hatte der Angeklagte den 25-Jährigen nicht losgelassen. Deshalb wurde er auch für die Sturzverletzungen verantwortlich gemacht. ddp