: Mzoudi hat noch Chancen – aufs Gefängnis
Bundesanwaltschaft versucht den mutmaßlichen Terroristen wegen Unterstützung von Attas Terrorzelle zu verurteilen
KARLSRUHE taz ■ Der Freispruch für Abdelghani Mzoudi steht auf der Kippe. Möglicherweise muss der in Hamburg lebende Marokkaner, dem eine Beteiligung an den Anschlägen vom 11. September 2001 vorgeworfen wird, doch mit einer mehrjährigen Haftstrafe rechnen. Gestern verhandelte der Bundesgerichtshof (BGH) über den Revisionsantrag der Bundesanwaltschaft.
Mzoudi gehörte wie sein Landsmann Mounir El Motassadeq zum Umfeld der Terrorzelle um Mohammed Atta. Beide sollen die Anschläge durch kleinere Hilfsdienste wie Geldüberweisungen unterstützt haben. Motassadeq wurde zunächst zu 15 Jahren Haft verurteilt, doch der BGH hob das Urteil wieder auf. Derzeit läuft in Hamburg die Neuauflage des Verfahrens. Dagegen wurde der heute 32-jährige Mzoudi gleich in erster Instanz freigesprochen. Das Hamburger Oberlandesgericht (OLG) fand die Beweise dafür nicht stichhaltig genug, dass Mzoudi tatsächlich von den Terrorplänen seiner Freunde wusste.
In einem gewöhnlichen Strafverfahren hätte die Bundesanwaltschaft einen schweren Stand mit der Revision. Denn beim BGH geht es nur um Rechtsfragen, die Beweiswürdigung der Vorinstanz muss grundsätzlich akzeptiert werden. Wer wie Bundesanwalt Gerhard Altvater eine andere Bewertung und Gewichtung der Beweise fordert, hat eigentlich schon verloren. Deshalb spielte Altvater zu Beginn seinen Trumpf aus und betonte die Dimension dieses „Verbrechens, das die Welt verändert hat.“ Der Vorsitzende Richter, Klaus Tolksdorf, stellte klar, dass auch in einem spektakulären Verfahren die üblichen Regeln gelten.
Die Bundesanwaltschaft warf Mzoudi ursprünglich Beihilfe zum dreitausendfachen Mord sowie Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor. Nun will sie ihn zumindest wegen „Unterstützung“ von Attas Terrorzelle verurteilt sehen.
Großen Raum in der Verhandlung nahm die Frage ein, ob die Atta-Zelle eine terroristische Vereinigung war. Das OLG hatte dies offen gelassen, weil es schon an Mzoudis kriminellem Vorsatz zweifelte. Relevant ist dies, wenn angenommen wird, dass Mzoudi zwar nicht die konkreten Pläne kannte, aber zumindest wusste, dass seine Freunde gemeinsam ein Attentat planten. Seine Anwältin Gül Pinar sagte: „Laut Gesetz muss eine terroristische Vereinigung darauf ausgerichtet sein, mehrere Straftaten zu begehen. Den Selbstmordattentätern um Atta ging es aber nur um diesen einen Anschlag.“ Der BGH will sein Urteil am 31. Mai verkünden. CHRISTIAN RATH