„Die UNO wird gestärkt“

taz: Herr Nachtwei, warum haben Sie, wie alle Grünen, der EU-Verfassung zugestimmt?

Winfried Nachtwei: Erstens, weil damit die Handlungs- und Funktionsfähigkeit der Europäischen Union verbessert wird. Zweitens, weil die friedenssichernde Rolle der UNO durch diese Verfassung eindeutig gestärkt wird.

Linke Kritiker befürchten aber gerade durch die verbesserte Handlungsfähigkeit der EU-Führung eine weitere Militarisierung der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik.

Das ist eine verkürzte Worst-Case-Interpretation von einzelnen Artikeln, die aus dem Zusammenhang gerissen werden. In der Verfassung ist doch gerade die Verpflichtung auf die UN-Charta von entscheidender Bedeutung. Außerdem wird von manchen Kritikern der politische Kontext der friedens- und sicherheitspolitischen Herausforderungen für die EU ausgeblendet. Wir können uns ein Versagen wie in Bosnien oder im Kosovo nicht mehr leisten.

Aber darf man daraus die Konsequenz ziehen, dass vor Kriegseinsätzen das Parlament gar nicht gefragt werden muss?

Es ist richtig, dass das EU-Parlament hier noch kein deutliches Mehr an Rechten hat. Aber der deutsche Parlamentsvorbehalt ist davon völlig unbeschadet. Wir entscheiden darüber, ob deutsche Soldaten eingesetzt werden. Nur wir.

Aber könnten Sie ein Nein zu Kriegen wie im Irak noch durchhalten, wenn es dafür eine EU-Mehrheit gibt?

Solche Entscheidungen sind nicht einfach von einer Mehrheit abhängig, sondern konsenspflichtig. Entscheidend ist, dass die Bundesregierung ihre mündige Haltung behält. Strikte Orientierung an der UN-Charta – das ist das A und O.