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Archiv-Artikel

„Überraschendes passiert“

Jana Unmüßig tanzt die Zeit und deren Stillstand

Von PS
Jana Unmüßig

■ 31, ist freischaffende Choreografin. 2011 hat sie einen „Practice-led PhD“ an der Theaterakademie Helsinki begonnen.

taz: Frau Unmüßig, warum heißt Ihre Solo-Choreografie „Morgen ist ein Tag“?

Jana Unmüßig: Der Titel entstammt aus einem von mir verfassten Text. Und die interessante Frage lautet: Was ist das „Morgen“? Es ist ja kein Tisch, kein Stück Kuchen. Sondern ein Tag. Aber was ist eigentlich ein Tag?

Versuchen Sie also das Phänomen „Zeit“ zu ertanzen?

Ja.

Wie machen Sie das?

Indem ich Zeit sichtbar mache. Zu Beginn des Stücks sind ein Ball und ein Stück Stoff lange allein auf der Bühne. Später komme ich rein, bewege mich, gehe wieder. Kehre zurück, stehe still.

Warum all diese Stille?

Weil ich den aktuellen Moment spürbar machen will. Und ich hoffe, dass sich das Publikum darauf einlässt und Ruhe erfährt.

Später wird das Stück unruhig.

Ja, da spreche ich einen selbst verfassten Text über eine Royalisten-Demo, die ich 2010 vor dem portugiesischen Parlament gesehen habe. Sie wollten den König wiederhaben.

Warum rezitieren Sie das?

Um zu zeigen, dass es neben der scheinbar stillstehenden Zeit auch Sprache gibt, die schnellere Rhythmen hat.

Am Schluss wird auch Ihr Stück schneller.

Ein wenig. Ich nehme den Ball hoch und trage ihn zu dem Stoff.

Warum?

Weil ich für Veränderung sensibilisieren will. Denn nach 20 Minuten hat sich der Zuschauer an die stillen Objekte gewöhnt. Wenn man die dann bewegt, ist es ein riesiger Eingriff. Dahinter steht die Frage: Wie löst man Distanzen zwischen Menschen und Objekten auf? Was passiert, wenn man sie vereint?

Haben Sie es herausgefunden?

Nur insofern, als ich weiß: Es wird etwas Überraschendes passieren, weil sich Bedingungen und Konstellationen ständig ändern. INTERVIEW: PS

Uraufführung: 20 Uhr, Kampnagel. Weitere Termine: 16.+17. 3.