: Mehr Medienkompetenz und Filmfestivals
Auch wenn der Wettbewerbsdruck zunimmt, darf der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht mit Gebührensenkungen erpresst werden, meint der grüne Medienpolitiker Oliver Keymis. Er fordert mehr Gestaltungsmöglichkeiten für Bürger
taz: Die rot-grüne Landesregierung bemüht sich derzeit intensiv darum, den TV-Sender RTL Shop in Köln zu halten. Ist es für ein ehemals boomendes Medienland wie NRW nicht peinlich, dass es sich für einen Shopping-Sender so ins Zeug legt?
Oliver Keymis: Es ist zumindest aus grüner Sicht nicht das erste Ziel, irgendwelche Shopping-Sender zu fördern. Auf der anderen Seite haben wir ein sehr hartes Standortringen um Arbeitsplätze, die es ja auch bei RTL Shop gibt. Letztlich haben wir aber die Erfahrung gemacht, dass man Reisende nicht aufhalten kann.
Sind dann Medienstandorte wie Köln den Interessen von Firmenchefs chancenlos ausgeliefert?
Natürlich nimmt der Wettbewerbsdruck zu. Aber attraktive Städte werden ihren Einfluss auch künftig geltend machen. Das gilt für Köln wie für Düsseldorf oder im IT-Bereich auch für Dortmund.
Die Grünen wettern laut über die „neoliberale Politik“ der Staatskanzlei. Jetzt kursiert das Gerücht, dass sich die Medienstaatssekretärin Miriam Meckel bald aus Düsseldorf verabschiedet. Wäre dann die von Ihnen geforderte „personelle und inhaltliche Neuaufstellung“ einfacher zu bewerkstelligen?
Unsere Kritik bezieht sich nicht auf Einzelpersonen, sondern auf bestimmte Konstellationen und Themen. Ausschlaggebend war in diesem Fall die Diskussion über die Rundfunkgebühren. Man darf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht mit Gebührensenkungen erpressen. Sicher stellen sich aber nach der Wahl, egal wie sie ausgeht, auch Personalfragen neu.
Zum Beispiel?
Wir müssen die Idee einer Ansprechpartneragentur für Medien neu aufgreifen. Der erste Versuch ist mit der NRW Medien GmbH misslungen, weil er zum falschen Zeitpunkt kam. Aber die Aufgabe kann auf Dauer nicht aus der Staatskanzlei heraus geleistet werden. Zweitens brauchen wir verstärkt Bürgermedienkompetenzzentren, also Einrichtungen, die Zugangs- und Gestaltungsmöglichkeiten zu den Medien vermitteln. Wir dürfen nicht zulassen, dass ein Teil der Bevölkerung spielerisch mit den Medien umgehen kann, während ein anderer Teil außen vor bleibt. Drittens müssen wir das Filmland NRW stärken. Mir schweben viele Festivals in verschiedenen Landesteilen und eine NRW-Filmakademie vor. Die Internationale Filmschule in Köln könnte sich zu solch einer Akademie entwickeln.
Sogar Harald Schmidt hat überlegt, von Köln nach Wien zu gehen. Wie wollen Sie der allgemeinen Abwanderungsstimmung entgegenwirken?
Die Entscheidung, aus einem Land wegzuziehen, wird immer gleich als negativ für das Land bezeichnet. Man kann sich jetzt durchaus die Frage stellen, ob etwa für die Popkomm der Umzug gut war. Das nicht ganz ernst gemeinte Vorhaben Schmidts, sich als Intendant des Wiener Burgtheaters zu bewerben, halte ich für aussichtslos. Er hat für seine Show ja auch einen verdammt lukrativen Vertrag mit der ARD-Tochter degeto.
INTERVIEW: SEBASTIAN SEDLMAYR