Kunstrundgang : Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um
Die Videoloops auf den schräg zueinander gestellten Monitoren machen die Themenausstellung „Tabula rasa“ bei Anselm Dreher unmittelbar evident: Die 1995 entstandene Arbeit „Explosions“ des französische Künstlers Ange Leccia zeigt ebensolche. Freilich sind es Explosionen, wie sie der Krieg hervorbringt. Die Terra vasta ist auch immer eine „Tabula rasa“. Und so heißt auch die Skulpturengruppe von Andreas von Weizsäcker, der mit ihr ein komplettes Büro – ob im Ab- oder Aufbau begriffen, ist schwer zu sagen – in dickem, von ihm selbst hergestellten Büttenpapier abgeformt hat. Die federleichten weißen Abgüsse erscheinen wie die Totenmasken der Akten, Computer, Sessel, Bildschirme und Schreibtische. Wollen wir wirklich ins Büro gehen? Oder lieber in den Tiergarten? Der keine Tabula rasa kennt? Michael Rutschky hat ihn seit Mitte der 70er-Jahre bis heute fotografiert, wobei zu Beginn noch manches an die Kriegszerstörungen des Parks und seiner Umgebung, etwa das Botschaftsviertel, erinnert. Doch Rutschky wäre nicht für seine besondere Einfühlung in das Alltägliche bekannt, gelänge es ihm in seinen Fotos nicht, die jeweilige Zeit deutlich, aber immer unspektakulär und voll zartem Charme darzustellen.
Alltäglich sind auch die Szenen in Alex Morrisons Videos und Fotos im Büro Friedrich, obwohl seine Szenen aus der Subkultur stets inszeniert waren. Die Graffiti am Mariannenplatz beim Künstlerhaus Bethanien verdanken sich einem Wettbewerb; der Skaterpark in Vancouver baute eine Filmproduktionsfirma für eine Fernsehserie auf. Die Subkultur ist eben längst eingemeindet in Jugend- und Medienarbeit. Und doch zeigt Morrison einen überschüssigen Rest, der unbezähmbar scheint – und er zeigt, dass es bessere Arbeiten von ihm gibt, als „Free Room“, den Film, der letztes Jahr im Bethanien zu sehen war.