: Gerechtigkeit beim Rentenausgleich
VERSORGUNGSAUSGLEICH Ein neues Gesetz soll mehr Klarheit schaffen, wenn nach Scheidungen die gemeinsamen Rentenansprüche aufgeteilt werden. Nun erhält jeder Partner ein eigenes Rentenkonto
Viel hat sich bei der Altersvorsorge in den vergangenen Jahren geändert. Dass die gesetzliche Rente allein für einen sorglosen Lebensabend reicht, glaubt heute kaum noch jemand. Private Vorsorge und betriebliche Rentenvereinbarungen werden immer wichtiger – und das hat auch bei einer Scheidung Konsequenzen, an die man zunächst vielleicht gar nicht denkt.
Um den Ausgleich von Rentenanwartschaften der ehemaligen Partner in dem komplizierter werdenden Geflecht aus verschiedenen Vorsorgesystemen zu erleichtern, hat der Gesetzgeber den so genannten Versorgungsausgleich nun neu geregelt. Ab 1. September gelten neue Vorschriften, die die Abläufe transparenter und gerechter machen sollen.
Ein überfälliger Schritt, wie Experten betonen. „Die Regelung ist gut gelungen. Sie dient zunächst einmal beiden Partnern, weil es eine einfache und stabile Lösung ist“, sagt Wolfgang Schwackenberg, Anwalt aus dem niedersächsischen Oldenburg und Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Schon immer wurden bei Scheidungen die während der gemeinsamen Ehe erworbenen Rentenansprüche nachträglich je zur Hälfte zwischen den Partnern aufgeteilt. Derjenige, der weniger in die Kassen einzahlen konnte, erhielt einen Ausgleich – ganz so, wie es dem Grundgedanken der so genannten Zugewinngemeinschaft entspricht.
Die Sache hatte nur einen Haken: Da die Regelungen ursprünglich noch aus einer Zeit stammten, in der sich alles auf die gesetzliche Rentenversicherung konzentrierte, mussten die Anspruchsberechtigten – das sind noch immer zu fast 80 Prozent Frauen – ihre Forderungen aus zusätzlichen privaten, berufsständischen oder betrieblichen Renten ihrer Partner erst mühsam und in eigener Initiative anmelden und per Familiengericht durchsetzen. Das war aufwändig und sorgte für viel Ungerechtigkeit, weil Betroffene über diese Möglichkeit gar nicht informiert waren. Auch die anschließende „Umrechnung“ der Ansprüche auf Rentenansprüche im gesetzlichen System war äußerst kompliziert.
Nach der Strukturreform beim Versorgungsausgleich werden ab September nun sämtliche Ansprüche in allen Rentensystemen, also gesetzlichen wie privaten und betrieblichen, automatisch ausgeglichen. Statt den anspruchsberechtigten Partner erst auf Antrag auszuzahlen und dessen Ansprüche dann in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen, erhält dieser ein eigenes Rentenkonto in allen Zusatzversicherungen, in die sein finanzstärkerer Lebensgefährte eingezahlt hat und auf dem seine Ansprüche künftig separat geführt werden.
So wird er selbst Mitglied in den Systemen und die Ausgleichszahlungen zwischen den verschiedenen Kassen entfallen. „Das vereinfacht das Procedere und sorgt für mehr Gerechtigkeit, gerade bei denen, die vielleicht nicht so gut informiert sind“, betont Dietrich Schiffner, stellvertretender Pressesprecher der Deutschen Rentenversicherung Nord mit Sitz in Lübeck. „Auf diese Weise werden beide Partner Mitglied in den Systemen und müssen sich nicht erst umständlich später auszahlen lassen. Das wird klarer und übersichtlicher“, meint auch Anwalt Schwackenberg. Es sei für alle Beteiligten eine „Win-Win-Situation“.
Einzig die Unternehmen, die etwa Betriebsrenten zu verwalten haben, waren von der Aussicht auf zusätzliche Bürokratie durch die Einrichtung von Rentenkonten für geschiedene Ehepartner ihrer Mitarbeiter nicht begeistert. Für sie gibt es aber die Möglichkeit, die Kosten für den Mehraufwand auf die ehemaligen Ehepartner umzulegen. SEBASTIAN BRONST