: Karstadt-Aktionärin will die Krone
Madeleine Schickedanz strebt nach Mehrheit am Konzern, doch ihre Pläne sind unklar
BERLIN taz ■ Eins ist klar: Madeleine Schickedanz hat einen Plan. Unklar ist dagegen, wie der aussieht. Seit Ende März hat die 61-jährige KarstadtQuelle-Großaktionärin zu dem ohnehin fast 42-prozentigen Anteil an dem Handelskonzern für rund 111 Millionen Euro weitere Aktien hinzugekauft – mindestens 13,8 Millionen Stück. Und wenn sie seither nicht unbemerkt kleinere Pakete verkauft hat, ist sie inzwischen zumindest ganz nah an der Kontrollmehrheit von 50 Prozent.
Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters, nach denen der Schickedanz-Anteil schon 50,73 Prozent erreicht habe, wollten gestern bis Redaktionsschluss weder die Bundesaufsicht für das Finanzwesen noch Schickedanz-Justiziar Hans-Jürgen Prohaska bestätigen.
Letztlich ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis Schickedanz das Heft tatsächlich ganz in der Hand hat. Nur: Wozu? Als große Strategin gilt sie nicht. Zwar darf bei KarstadtQuelle schon lange nichts mehr ohne ihre Zustimmung passieren und auch die Berufung von Thomas Middelhoff erst zum Aufsichtsrats- und dann zum Vorstandschef soll hauptsächlich ihr Werk gewesen sein. Eine klare Linie hat sie jedoch bislang nicht erkennen lassen: Noch Anfang 2004 war über ihren Ausstieg aus dem kriselnden Konzern spekuliert worden, dann erhöhte sie plötzlich ihr finanzielles Engagement.
Drei Szenarien scheinen denkbar. Erstens: Schickedanz glaubt, dass KarstadtQuelle mit Middelhoff auf dem richtigen Weg ist, und will das auch zeigen. Diese Ansicht stützt unter anderem der Aufsichtsratsvize und Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Pokriefke. Die anderen beiden Szenarien gehen davon aus, dass Schickedanz vor allem Geld braucht. Immerhin soll die Familie beim Privatbankhaus Sal. Oppenheim noch vom Karstadt-Einstieg her mit einer Dreiviertelmilliarde Euro in der Kreide stehen. So könnte sich Schickedanz entweder eine Mehrheit zusammenkaufen, weil diese dann erheblich teurer abzustoßen ist – die Kontrolle dürfte manchem Investor einen Bonus wert sein. Oder sie übernimmt das Steuer, um das Unternehmen von der Börse zu nehmen und zu zerschlagen. Während der Börsenwert bei gut 1,9 Milliarden Euro liegt, könnten die Einzelteile und insbesondere die Immobilien nach Ansicht von Analysten ein Dreifaches einbringen.
Selbst Middelhoff sagte kurz nach seinem Amtsantritt, er vermöge „nicht zu sagen, welche Pläne“ der größte Gesellschafter derzeit verfolge. Immerhin wird er es wohl als Erster erfahren.
BEATE WILLMS