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Archiv-Artikel

Lieblings-Linda ist ein bisschen gerettet

Deutschlands beliebteste Kartoffel darf doch noch verkauft werden – mindestens bis 2007. Der Züchter, die Firma Europlant, wollte sie nach 30 Jahren vom Markt nehmen, weil die Zulassung auslief und andere Sorten höhere Erträge bringen

VON HANNA GERSMANN

Ein Rendezvous mit Linda ist doch noch möglich, freilich nur auf dem Teller. Doch selbst das überrascht. Noch vor kurzem drohte der 30 Jahre alten, beliebten Kartoffelsorte das Aus. Sie sollte vom Acker verschwinden. In dieser Art wäre der Fall bislang einmalig gewesen. Nun hat das Bundessortenamt in Hannover die Knolle zumindest bis 2007 doch noch zugelassen.

„Das ist ein Etappensieg“, sagte Biobauer Karsten Ellenberg der taz. Gemeinsam mit Georg Janßen, dem Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, gründete er den Linda-Freundeskreis. Nicht nur die beiden halten Linda, die goldgelbe, feste Kartoffel, im Geschmack für unschlagbar – die Hälfte aller Deutschen auch.

Trotzdem will der Züchter sie vom Markt nehmen. Die multinationale Firma Europlant aus Lüneburg will auch das Saatgut nicht mehr vertreiben. Die Kartoffel sei „nicht mehr auf der Höhe der Zeit“, so die Saatguthändler. Sie setzen lieber auf ihre neuen, ertragreicheren Marken – und zogen die Zulassung beim Bundessortenamt Ende letzten Jahres zurück. Damit ist quasi der „TÜV“ für die Königin der Knolle weg. Sie darf nicht mehr vermehrt und verkauft werden. Europlant erntete dafür heftige Kritik.

Die Freunde Lindas überzeugten Verbraucherschützer, Feinschmecker, Biobauern – und gewannen auch die grüne Bundesverbraucherministerin Renate Künast (Grüne) für sich. Sie ist die oberste Chefin des Bundessortenamtes. Von den Hannoveraner Beamten erhielt Ellenberg jetzt einen Brief: „Das Bundessortenamt hat für die oben angegebene Sorte, deren Zulassung am 12. 11. 2004 endete, die Auslauffrist für die Anerkennung und das Inverkehrbringen von Pflanzgut bis zum 30. 06. 2007 verlängert.“ Die Frist liegt im Ermessen des Bundessortenamtes. Präsident Udo von Kröcher sagte der taz: „Wir wollten wirtschaftliche Härten vermeiden.“ Bauer Ellenberg hatte klar gemacht, dass Kollegen das Saatgut noch säckeweise auf ihren Höfen gelagert hatten. Sie hatten es ursprünglich von Europlant gekauft, lange bevor bekannt wurde, dass die Knolle vom Markt genommen werden würde.

Ellenberg hängt an Linda. Er hat nicht nur den Freundeskreis gegründet, sondern auch ihre Wiederzulassung beantragt. Das Prüfverfahren aber dauert noch bis zu drei Jahren. Linda hat dabei nur eine Chance, wenn sie besser ist als bereits zugelassene Kartoffeln. Besser heißt vor allem: ertragreicher.

Ellenbergs Widersacher, Europlant, schmeckt das alles nicht. Die Lüneburger wollen den Beschluss der Hannoveraner Behörde anfechten. Vor allem aber drohten sie bereits 450 Bauern, die mit Europlant einen Vertrag für den Kartoffelanbau haben – per Brief, Datum 9. Mai 2005. Darin wird in bestem Juristendeutsch mitgeteilt, der Züchter werde nicht nur eine „Vertragsstrafe in Höhe des dreifachen Basispflanzgutpreises verlangen, sondern auch weitere Schadenersatzansprüche geltend machen“. Das sei nur eine Klarstellung, sagt Europlant-Sprecher Jörg Renatus. Es handele sich eben „um Exklusivverträge“.

Ellenberg aber kontert: „Das macht keinen Sinn, weil Europlant Linda gar nicht mehr gehört.“ Der Beziehungsstress um Linda dürfte einer Berufsgruppe munden: den Rechtsanwälten.

www.kartoffelvielfalt.de

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