: Wenn Kriegstüchtigkeit an der Leine hängt
Bei unserem Anblick blieb mein Nachbar abrupt stehen und fragte meinen Freund: „Sagen Sie, haben Sie gedient?“ Sein Ton war, dem Thema angemessen, durchaus schneidig. Nun kommt einem das Interesse daran, ob jemand bei der Bundeswehr gewesen ist, heute durchaus nicht mehr so seltsam vor. Allerdings war der Auslöser der Frage nicht etwa, dass wir einen Panzer polierten oder ein paar Drohnen tunten. Nein, wir taten etwas äußerst Ziviles: Wir hängten im Trockenraum des Kellers Wäsche auf.
Aber aus der Sicht meines Nachbarn ist der Gedankensprung von Wäsche zu Wehr vermutlich kurz. In seiner Ü-80-Generation kümmerten Männer sich nicht selbst um ihre Unterhosen und Hemden. Das machten ihre Mütter, später die Gattinnen. Die Zeit bei der Truppe stellte für sie vielleicht die einzige Phase dar, in der sie dabei keine weibliche Hilfe hatten. Der Anblick eines Mannes, der ganz selbstverständlich mit Wäsche umgeht, muss für einen aus seiner Generation tatsächlich irritierend sein.
Rendsburg
30.700 Einwohner*innen,
liegt im Zentrum Schleswig-Holsteins. Das Bundesland hatte in den Zeiten der alten Bundesrepublik auf die Bevölkerung umgerechnet die meisten Soldat*innen. Allein in Rendsburg gab es zwei Kasernengelände, die heute zivilen Zwecken dienen.
Zum Glück hat mein Freund ihm nicht verraten, dass er auch hervorragend bügelt. Der Nachbar hätte ihn vermutlich für ein Mitglied des KSK gehalten. Esther Geißlinger
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