: Schröder legt offen
VON HANNES KOCH
Zwei Schritte zu mehr Transparenz in der Wirtschaft hat gestern die Bundesregierung getan. Das Bundeskabinett beschloss nicht nur, dass die Vorstände von Aktiengesellschaften künftig ihre Gehälter und Bezüge veröffentlichen müssen. Außerdem sollen auch die Verdienste der Vorstandsmitglieder öffentlicher Unternehmen baldmöglichst publik gemacht werden.
Nach Informationen der taz plädierte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in der Kabinettssitzung für die Selbstverpflichtung, dass Firmen in Staatsbesitz ihre Managergehälter veröffentlichen. Das würde Unternehmen wie die Deutsche Bahn AG oder die Kreditanstalt für Wiederaufbau betreffen. Eine derartige Regelung sei im Sinne des deutschen Corporate Governance Index, der eigentlich nur die Selbstverwaltung von Aktiengesellschaften regelt, sagte Schröder. Nach Ansicht des Kanzler solle geprüft werden, ob diese Selbstverpflichtung verfassungsrechtlich möglich sei. Mit dieser Prüfung befasst sich nun die Arbeitsgruppe im Bundesfinanzministerium, die sich derzeit auch mit der Frage beschäftigt, ob Hedgefonds noch stärker kontrolliert werden sollen. Die Ergebnisse sollen Mitte Juni vorliegen – dann hält die SPD einen Sozialkongress ab. Ein weiterer Punkt bleibt erst einmal außen vor: Die Versorgung abgehalfterter Politiker mit hochrangigen Posten in öffentlichen Unternehmen (siehe unten).
Der gestern vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf zur individualisierten Offenlegung von Vorstandsgehältern in Aktiengesellschaften stammt von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD). Eigentlich hatte Zypries diese Initiative vermeiden wollen, war aber von Abgeordneten der Grünen und der SPD dazu gedrängt worden. Die Debatte hatte begonnen, als beim Mannesmann-Prozess 2004 bekannt wurde, welch astronomische Summen sich Vorstände und Aufsichtsräte gegenseitig zuschanzen.
Rund 1.000 an deutschen Börsen notierte Aktiengesellschaften müssen in ihren Geschäftsberichten für das Jahr 2006 erstmals ausweisen, welche festen und erfolgsabhängigen Bezüge sowie zusätzlichen Zahlungen jedes einzelne Vorstandsmitglied erhält. Da der unionsdominierte Bundesrat nicht blockieren kann, dürften die Informationen im Frühjahr 2007 bekannt werden.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisierte, dass die Pensionszahlungen nicht individualisiert ausgewiesen werden sollen. Dieser Punkt werde im Bundestag noch einmal debattiert, erklärte hierzu die SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Hauer. Auch beim Thema „Abfindungen“ seien eventuell Nachbesserungen notwendig, damit mehr Informationen veröffentlicht würden, so Hauer.
An dem in den vergangenen Wochen mehrfach kritisierten Veto der Aktionäre will Hauer dagegen nichts ändern. Das Gesetz sieht vor, dass die Aktionäre mit Dreiviertelmehrheit beschließen können, die Gehälter nicht zu veröffentlichen. Zur Rechtfertigung sagte der SPD-Abgeordnete Olaf Scholz: „Es geht nicht um die Befriedigung der allgemeinen Neugier“ der Öffentlichkeit, sondern um die Wahrung der Rechte der Aktionäre. Wenn die Eigentümer einer Firma beschließen würden, nichts wissen zu wollen, sei das ihr gutes Recht. „Das Ausgangsmotiv des Gesetzentwurfs“ sei das Interesse der Eigentümer, so Scholz.
Auch der deutsche Corporate Governance Kodex stellt den Schutz der Aktionäre in den Vordergrund. Die Selbstregulierung der Aktiengesellschaften unter Aufsicht des Staates sieht die individualisierte Ausweisung der Managergehälter schon seit langem vor. Doch die meisten AGs richten sich nicht danach. So sind von den 30 größten Konzernen im Deutschen Aktienindex DAX bislang erst rund zwei Drittel der Empfehlung nachgekommen. Bei den mittleren Unternehmen im M-DAX sind es erst knapp 40 Prozent und bei den kleineren Aktiengesellschaften des S-DAX knapp 30 Prozent.