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Archiv-Artikel

Homos sanieren den Haushalt

Köln will vom millardenschweren Tourismusgeschäft mit Schwulen und Lesben profitieren. Mit einer „Gay City Managerin“ präsentiert sich die Stadt am Rhein in der Branche als besonders homophil

VON THOMAS SPOLERT

Lesben und Schwule schweifen gerne in die Ferne. In ihrem Urlaub wollen sich die Homosexuellen rundum wohl fühlen und nicht auch noch diskriminiert werden. Daher liegen Reisen mit „Homo-Faktor“ bei vielen voll im Trend. Von diesem weltweit milliardenschweren Tourismuskuchen will die Stadt Köln sich seit Jahren ein größeres Stück sichern. „Die tolerante Atmosphäre in der Stadt ermöglicht Schwulen und Lesben ein selbstverständliches und normales Leben“, klopfen sich die Macher von KölnTourismus auf die eigenen Schultern. Beste Gelegenheit, sich international als „gayfriendly“ zu präsentieren, hatten sie Mitte Mai. 172 Delegierte aller Kontinente trafen sich mehrere Tage im Kölner Maritim zur alljährlichen Sitzung der „International Gay and Lesbian Tourist Association“ (IGLTA). Diese gilt mit über 900 Mitgliedern weltweit als der größte schwul-lesbische Tourismusverband.

„So einen Weltkongress auszurichten, ist schon eine Auszeichnung“, verkündete in einer Pressemitteilung der Marketingleiter von KölnTourismus, Klaus Odenthal. Schließlich tagten die Meinungsführer im internationalen Homo-Reisegeschäft erst zum dritten Mal in der 22-jährigen Geschichte des Verbandes außerhalb der USA. Auch derzeit dominieren noch US-amerikanische Reisebüros, Veranstalter, Hotels, Fluglinien und Medien-Verlage die IGLTA.

„Der schwul-lesbische Reisemarkt in den USA hat einen jährlichen Umsatz von 50 Milliarden US-Dollar“, erklärt Christian Schneider-Lindbergh. Er ist seit Mitte 2004 der erste Direktor für die deutschsprachige Region im Tourismusverband IGLTA. „Für Europa gibt es keine speziellen Zahlen.“ Doch aus etlichen Umfragen weiß der Experte, dass der alte Kontinent ein „Wachstumsmarkt“ für Homo-Reisen ist. Vor drei Jahren hatte beispielsweise eine Umfrage von KölnTourismus speziell zum Christopher Street Day (CSD) ergeben, dass allein die auswärtigen Gäste 45,7 Millionen Euro in der Stadt ließen. Dabei saß den Homos das Geld wesentlich lockerer als den heterosexuellen Touristen.

Seither wirbt Köln, Mitglied in der IGLTA, kräftig um die reisefreudige Community. Schließlich versprechen die einkommensstarken Homos zusätzliche Einnahmen für die hiesige Wirtschaft. Eine eigens eingestellte „Gay City Managerin“ sorgt seit 2003 international für ein homofreundliches Image der Stadt. Der seit Jahren vielbesuchte CSD und eine ausgeprägte schwul-lesbische Infrastruktur sind Pfunde, mit denen Gay City Managerin Daya Holzhauer im Ausland wuchern kann. Ihren ersten großen Erfolg verbuchte sie, als sie vor zwei Jahren in Manchester mit einer gelungenen Präsentation die diesjährige IGLTA-Versammlung nach Köln holte. So werde die Domstadt auch als „herausragende Destination für lesbische und schwule Touristen“ weiter gestärkt, freute sich KölnTourismus über den Coup.

Dies ist offenbar auch bitter nötig. Amerikanische Homos reisen nämlich bisher eher nach Berlin. „Das Angebot in Köln ist international noch nicht bekannt“, weiß Christian Schneider-Lindbergh. Das könnte sich durch das Treffen in der Domstadt ändern. Schon am zweiten Tag sprach IGLTA-Präsident Andrew Stokes begeistert von einer „convention with heart“, einer Tagung mit Herz. Außerdem stärken mehrere Kölner Unternehmen als Mitglieder im schwul-lesbischen Tourismusverband den „homofreundlichen“ Ruf Kölns. Reiseprofi Jochen Volland ist seit 1996 dabei und hat das Kölner Treffen zwei Jahre lang mit vorbereitet. „Das ‚networking‘ ist der wichtigste Vorteil, den ich durch diesen Verband habe“, erklärt er. Immerhin macht er mit seinem Reisebüro und als Reiseveranstalter mehr als 50 Prozent seines Umsatzes in diesem wichtigen Nischenmarkt.

Auch Albert Jennings profitiert vom „networking“. Rund ein Fünftel der Kundschaft des Kölners amerikanischer Herkunft sind Lesben und Schwule. Jennings vermarktet seit neun Jahren Reisen in die USA, wo die die fünf Buchstaben „IGLTA“ bei den Homosexuellen längst als „Gütesiegel“ gelten. Ganz anders sei dies in Deutschland. „Hier muss das Gütesiegel erst noch bekannt gemacht werden.“