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Archiv-Artikel

Anleitung zum Glücklichsein

SCHÖN! Thomas Röwekamp hat im Weser-Kurier beklagt, dass Journalisten zu oft schlecht über Bremen schreiben. Aber wie lanciert man positive Botschaften? Die taz weiß Rat

Greifen Sie tief in die Klischeekiste!

VON BENNO SCHIRRMEISTER UND FELIX ZIMMERMANN

1. Unterdrücken Sie alle Lebensäußerungen der Opposition!

Das Wort sagt schon alles: Opposition kommt von lateinisch opponere – entgegenstellen. Sie ist zudem nicht Teil der Exekutive, also der handelnden und waltenden Verwaltung. Was die Opposition tut, tut sie demnach verbal. Durch Äußerungen, die sich dem Regierungshandeln entgegenstellen. Das heißt: Sie findet grundsätzlich schlecht, was getan wird. Bestes Beispiel dafür ist ein Urteil, das Thomas Röwekamp verkündete, zwei Monate bevor die Bürgerschaft den rot-grünen Senat wählte. Diesen bezeichnete er als „wohl schwächste Regierung, die Bremen je hatte“, was von überregionalen Medien begierig aufgegriffen wurde (FAZ, 25. Mai 2007). Ein ungebrochenes Verhältnis zu ihrem eigenen Handeln hat hingegen die Regierung selbst. Ihre Verlautbarungen sind daher die beste Quelle für frohe Botschafter: Sie sollte aber die einzige bleiben.

2. Wählen Sie den richtigen Moment für Ihre Botschaft!

Damit Ihnen das gelingt, sollten Sie die Tagespresse und den lokalen Rundfunk verfolgen. Nur dann können Sie mitreden, nur so können Sie zielgerichtet Position beziehen. Wenn Sie dagegen – so wie Thomas Röwekamp am Samstag im Weser-Kurier – positive Berichte über „die Erfolgsgeschichte unserer Häfen“ fordern, obwohl die gerade in einer der schwersten Krise seit Jahrzehnten stecken und der Gesamthafenbetriebsverein 1.000 Beschäftigte freisetzt, zeigt das nur Ihre Inkompetenz.

3. Vermeiden Sie Inhalte!

Reden Sie inhaltslos daher, aber tun Sie das in schönen Worten. Nehmen Sie sich ein Beispiel am derzeitigen Bürgermeister. Jens Böhrnsen hat schon oft bewiesen, dass er ein Meister in diesem Fach ist. Allein die Überschrift seiner Rede anlässlich des Neujahrsempfangs 2009 im Rathaus taugt zum Leitsatz: „Mut zur Verantwortung und klare Ziele, damit Vertrauen und Zuversicht wieder wachsen können.“ Die Wucht solcher Worte wird Sie durch tiefste Täler tragen. Wer so redet, dem kann nichts passieren. Aber: Bleiben Sie authentisch. Wenn Sie nicht so wortgewaltig sind, sollten Sie es lassen.

4. Ewigschöne Themen sind ewig schön!

Begeben Sie sich – vor allem, wenn Ihnen das Tagesgeschehen lästig ist (siehe Punkt 2) – auf sicheres Terrain. Jede Stadt hat Themen, die immer gut ankommen. Greifen Sie tief in die Klischeekiste und loben Sie Bremens Schönheiten (Markt, Rathaus, Stadtmusikanten), loben Sie den selbstbewussten Bürgerstolz, rühmen sie die überbordende Toleranz, wertschätzen Sie die großzügigen Kaufleute und finden Sie Werder Bremen immer dann gut, wenn alle anderen Werder Bremen auch gut finden.

5. Formulieren Sie positiv!

Die gut gemeinten Vorstöße für eine affirmative Kommunikationskultur scheitern mitunter daran, dass sie selbst schon als unnötige Negativ-Botschaften auftreten. So auch hier: Nachrichten aus Bremen würden, so hat Röwekamp dem Weser-Kurier gemailt, „nur auf Negatives beschränkt“, und behauptete, man dürfe „sich nicht wundern, dass Bremen kritisch beurteilt“ werde. Das ist eine klassische Miesmacher-Mitteilung. Dabei ließe sich das ohne jeden Verlust auch bejahend ausdrücken. Jeder, der schon mal ein Zeugnis ausgestellt hat, weiß das: Bremen, diese Perle des Nordens, wäre eine mögliche Formulierung, wird schon jetzt deutschlandweit wegen seiner erfolgreichen Landespolitik bewundert, aber noch ist da ein Quäntchen Luft nach oben. Wenn die auf ihren Mitarbeiterstamm von 60 Prozent konzentrierte Belegschaft von Radio Bremen noch ein bisschen die Schlagzahl erhöht, feiert uns bald die ganze Republik.

6. Verabschieden Sie sich von dem Wunsch, im Gedächtnis zu bleiben!

Die Klage über das vermeintliche Fehlen positiver Nachrichten ist keineswegs originell, sondern einem von Johan Galtung und Mari Holmboe bereits 1968 ausführlich beschriebenen und seither empirisch häufig bestätigten Verzerrungseffekt geschuldet: Schlechte Nachrichten werden begieriger rezipiert und bleiben besser in Erinnerung. Wer positiv kommunizieren will, muss folglich den Wunsch zuerst aufgeben, breit und nachhaltig wahrgenommen zu werden. Den verdienten Wirtschaftssenator Ralf Nagel im Partei-Blatt als „Tripel-Null“ schmähen oder Hartz-IV-Empfängern empfehlen: „unter Brücken sollen sie schlafen“ (Bürgerschaft (Landtag), 19. Sitzung, 10. April 2008) – das prägt sich ein. Und niemals wird es einem ehemaligen Innensenator vergessen werden, wenn er das Todesopfer eines Polizeieinsatzes als „Schwerverbrecher“ tituliert, der sich „die gesundheitlichen Folgen selbst zuzuschreiben“ habe.