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Archiv-Artikel

Kopfbahnhof als Hoffnungsträger

Der Bahnhof Altona ist jetzt ein Einkaufszentrum. Am Donnerstag eröffnet als größtes Geschäft ein Elektronik-Discounter. Shopping an den Gleisen soll Verbindung herstellen zwischen vitalem Ottensen und siechender Neuer Großer Bergstraße

Von Gernot Knödler

Der Bahnhof Altona steckt im Mahlstrom der Zeit. 1979 von der auslaufenden Planierungs- und Neubauwelle fortgerissen, entstand er als Kaufhaus mit angeschlossenem Bahnhof neu. Heutzutage tun sich Kaufhäuser schwer, und die Architektur der 70er Jahre mag auch niemand mehr sehen. Zeitgemäß wird der Bahnhof daher als Einkaufszentrum neu erfunden, wobei es so aussieht, als würde er an Qualität gewinnen.

Aus Sicht der Investoren von der Deutschen Grundvermögen (DGAG), die den Umbau zusammen mit der Bahntochter Station & Service betreibt, soll das Einkaufszentrum das benachbarte Mercado ergänzen. Die Bezirkspolitik hofft, die neuen Shops auf dem Kopfbahnhof könnten als Relais dienen, damit der belebende Funke Ottensens auf die siechende Neue Große Bergstraße überspringt. Am Donnerstag öffnet der größte neue Mieter, der Elektronik-Discounter Media-Markt, seine Pforten im Obergeschoss des Bahnhofs.

50 Millionen Euro haben die Investoren in den Umbau gesteckt, der im östlichen Teil jetzt beinahe abgeschlossen ist. Den braunen, teilweise bemoosten Muschelkalk der Fassade haben sie durch hellen Sandstein ersetzt, dunkelgraue Bänder markieren die Geschosse. Das Trutzburgartige der früheren Fassade ist verschwunden. Im Erdgeschoss haben die Architekten viel Platz freigeräumt und Durchblicke geschaffen, gläserne Fronten machen die Ebene transparent. Einige Läden, wie die Buchhandlung oder die Apotheke, sind von neuartiger Großzügigkeit.

Dass allenthalben Werbeschilder aufs benachbarte Mercado in der Ottenser Hauptstraße hinweisen, kommt nicht von ungefähr. Schließlich betreibt die DGAG, eine Tochter der B&L-Immobilien und der HSH Nordbank, beide Einkaufszentren. Geschäftsführer Martin Mörl glaubt, mit den Geschäften im Bahnhof der großen Kaufkraftspanne in Altona und Ottensen gerecht werden zu können: Weil es im Mercado bereits einen Supermarkt gebe, habe man sich beim Bahnhof für einen Discounter entschieden. Und Media-Markt sei ein Kundenmagnet eigener Art. Ein Trend zum Ramsch sei damit keineswegs verbunden. Eher das Gegenteil.

Dieter Meine, Geschäftsführer der Interessengemeinschaft Ottenser Gewerbetreibender, sieht das genauso. „Ich glaube nicht, dass sich etwas in Richtung billig verändert“, sagt er. Das Einkaufszentrum im Bahnhof werde andere Leute anlocken als die Ottenser Hauptstraße, den kleinen Geschäften im Quartier aber nicht wirklich Konkurrenz machen. Vielmehr sei zu befürchten, dass Ottensen durch seinen Erfolg die eigenen Grundlagen gefährde. Es drohe eine Entwicklung, nach der sich nur noch große Ketten die steigenden Mieten leisten könnten: „Wir müssen darauf achten, dass der Stadtteil so lebendig bleibt und es weiter eine kleinteilige Struktur gibt“, warnt Meine.

Die Interessengemeinschaft, der auch das Mercado angehört, will in diese Richtung wirken. Das Management wisse, dass es die vielen besonderen Läden und Kneipen im Viertel brauche, um erfolgreich zu sein. Es engagiere sich entsprechend, etwa durch Ausrichten des Weihnachtsmarktes und Unterstützen der Altonale. „Unser Bestreben ist es, die Vielfalt zu erhalten“, beteuert Center-Manager Cornelius C. Liedtke. Ottensen sei, findet er, „ein Vorzeigebeispiel“ für den Aufschwung eines ganzen Stadtteils.