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„Florida-Wolf“ könnte Minister werden

Der frühpensionierte Beamte Ingo Wolf treibt der FDP erfolgreich die heimliche Möllemann-Nostalgie aus

Zusätzliche kommerzielle Plakatflächen wurden der Partei zur Verfügung gestellt

DÜSSELDORF taz ■ Die FDP bleibt im Landtag – die ersten Hochrechnungen sahen die Liberalen bei über 6 Prozent. Damit gelang dem Spitzenkandidaten Ingo Wolf etwas, was ihm viele nicht zugetraut hätten. Die FDP in NRW ins Parlament zu bringen: Für dieses Husarenstück brauchte es noch vor fünf Jahren einen anderen: Jürgen W. Möllemann. Damals stellte dessen Wahlkampfberater Fritz Goergen fest: „Jetzt würden sie ihm auch in die Hölle folgen: die neue Landtagsfraktion als Prätorianergarde.“

Einer von Möllemanns Prätorianern hieß Ingo Wolf, der heutige FDP-Landtagsfraktionschef und -Spitzenkandidat. Der Name Möllemanns kommt dem früheren Euskirchener Oberkreisdirektor, der vor fünf Jahren noch gerade auf dem drittletzten Listenplatz ins Parlament gerutscht war, allerdings heute nicht mehr über die Lippen. Möllemann? Nein, ihren einstigen Frontmann, der mit Einfallsreichtum und krimineller Energie die Partei wieder aus dem außerparlamentarischen Abseits gebracht hatte, will bei den Liberalen inzwischen niemand mehr kennen.

Und doch haben sich in diesem Wahlkampf insgeheim nicht wenige an ihren einstigen Helden sehnsüchtig zurückerinnert. Denn anders als der früher stets omnipräsente Möllemann schaffte es der blasse Wolf in den vergangenen Wochen nur aufgrund seiner großzügigen staatlichen Alimentierung in die Schlagzeilen. Denn der frühpensionierte Beamte kassiert an Diäten, Pensionen und Aufwandsentschädigungen mehr, als der Bundespräsident an Amtsbezügen erhält. Eine Steilvorlage für die Grünen, die dem liberalen Frontmann medienwirksam den Spitznamen „Florida-Wolf“ verpassten. Und die FDP versteckte ihren mausgrauen Spitzenmann geradezu: So plakatierte sie statt des 50-Jährigen lieber ihren Bundesvorsitzenden Guido Westerwelle. Zu groß war die Angst, ausgerechnet an den Liberalen könnte der Machtwechsel scheitern.

Das mag auch der Grund dafür gewesen sein, warum die Partei sonderbar herumlavierte, als die taz über 1.700 zusätzliche kommerzielle Großplakatflächen berichtete, die der Partei von großzügigen unbekannten Gönnern zur Verfügung gestellt wurden. Das wird sie nun nach der Wahl aufklären müssen. Anscheinend weht der Geist Möllemanns noch immer. Demnächst wohl auch in der Landesregierung. Und der blasse Ingo Wolf könnte der neue Innenminister werden. PASCAL BEUCKER

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