berliner szenen: Ein Paradies mit Sesseln und Kakao
Vater mit Bommelmütze in der S1 zu seinem sehr kleinen Sohn mit Bommelmütze: „Da ist es schön, es ist ruhig und warm und du darfst alles anfassen und es gibt so kleine Sessel, extra für Kinder, da kannst du dir alles angucken. „Der Junge ist total erstaunt. Er hört zu und sein Mund steht etwas offen. Ich überlege, wo sie hingehen. Vielleicht ins Technikmuseum, das fanden meine Kinder auch immer cool. „Es gibt ein Café, da können wir Kakao trinken, wenn du willst, und ich kann dir was vorlesen. „Der Junge ist jetzt total begeistert. „Jaaaaa“, ruft er, steht auf, stellt sich vor den Vater und umarmt sein Bein. Wo gehen die bloß hin?, überlege ich. Dann singt der Junge: „Wir gehen in die Billokeks.“ „Bibliothek“, verbessert der Vater und lacht.
Wow, dieser Mann hat es echt drauf. Hätte ich das mal vor 20 Jahren erlebt. Ich erinnere mich, dass es jedes Mal Theater gab, wenn meine Tochter in die Bibliothek wollte, während sich mein kleiner Sohn noch an der Eingangstür dagegenstemmte, den Raum mit den vielen Büchern betreten zu müssen.
„Hier stinkt’s nach Kacka“, rief er peinlicherweise gellend in die Stille, während ich ihn mit rotem Gesicht unter den Arm klemmte und über die Schwelle trug, da meine Tochter schon zwischen den Regalen verschwunden war. Später lag er nasepopelnd irgendwo herum und stellte sich tot oder tat, als hätte ein Monster von ihm Besitz ergriffen, wenn ich ihn ansprach und vorschlug, sich mal dieses tolle Detektivbuch anzusehen oder guck doch mal hier und soll ich nicht was vorlesen…
Inzwischen hoffe ich auf die Rache der Enkel. Ich wette, er bekommt ein total bibliotheksverrücktes Leseratten-Kind und muss seine gesamte Freizeit dann in nach „kackastinkenden“ Büchereien verbringen und laut vorlesen. Er wird es lieben. Und ich freu mich schon.
Isobel Markus
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