: Stamm weggebrochen
Über ein Drittel der SPD-Wähler verweigerten der Partei ihre Stimme
BERLIN taz ■ Für das Wahldesaster der Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen sind vor allen Dingen die SPD- Stammwähler verantwortlich. Zum einen, weil viele am Sonntag zu Hause blieben. Zum anderen, weil diejenigen, die zur Urne gingen, nicht mehr ihr Kreuzchen bei der SPD machten.
Das Meinungsinstitut Forsa führt die Wahlschlappe der SPD weniger auf eine Wählerbewegung von der CDU zur SPD zurück, sondern vor allem auf ein Mobilisierungsproblem der SPD. So habe die CDU annähernd alle ihre Anhänger an die Urnen bringen können, die SPD dagegen nicht einmal zwei Drittel. Zudem hat die SPD bei ihren Stammwählern, den Arbeitern, erheblich verloren. Laut Forsa verliert die SPD gut neun Prozent dieser Klientel im Vergleich zum Jahr 2000. Damals bekam die SPD noch weit über die Hälfte der Arbeiterstimmen. Unter den Gewerkschaftsmitgliedern muss die SPD einen Stimmenrückgang von 5 Prozent verzeichnen.
Auch die Zahl der Erwerbslosen, die für die SPD stimmten, bricht ein: um 8 Prozent. Analog dazu kann die CDU bei diesen beiden Gruppen ein Plus in ungefähr gleicher Höhe verzeichnen: Bei den Arbeitern gewinnt sie 8, bei den Arbeitslosen 9 Prozent Stimmen hinzu.
Von den massiven Einbrüchen bei den Arbeitern und Arbeitslosen profitiert jedoch neben der Union vor allem die Wahlalternative für Arbeit & soziale Gerechtigkeit“ (WASG). Ihr Stimmenanteil liegt laut Infratest bei den Arbeitslosen sogar bei über 5 Prozent.
Der kleine Erfolg der WASG und der große Erfolg der CDU sind vor allem darauf zurückzuführen, dass laut Infratest-dimap beinahe die Hälfte der Wähler ihre Entscheidung von dem inhaltlichen Programm abhängig machte. Und weder vom Spitzenkandidaten – der ein großes SPD-Plus gewesen wäre – noch von einer grundsätzlichen Parteibindung. Inhaltlich wird der SPD nach 39 Jahren an der Landesregierung nicht mehr viel zugetraut. Vor allem beim Thema Arbeitslosigkeit. Laut der Forschungsgruppe Wahlen erwarten nur 18 Prozent der Wähler von der SPD in NRW, dass sie Arbeitsplätze schaffen wird.
Insgesamt traut den Sozialdemokraten keiner über 30. Nur bei den unter 30-Jährigen gewinnt die SPD leicht hinzu – in allen anderen Altersgruppen verlieren Sozialdemokraten. Bei den 30- bis 44-Jährigen wird die Wählerbewegung am deutlichsten: Die SPD verliert in dieser Gruppe 8 Prozent der Stimmen, die CDU gewinnt 12 Prozent. SAT