berliner szenen: Einmal wieder fünf sein
Eigentlich, also offiziell, habe ich die Fünfziger-Schallgrenze gerade geknackt. Genau der richtige Moment, denke ich, um beim Fratz Theaterfestival für Kleinkinder aufzuschlagen. Dort werde ich in einem Akt erster Hilfe mit veganen Wraps gefüttert und fühle mich sofort geborgen. Auch die Kleinkinder sind freundlich zu mir. Wenig später öffnet sich die Tür zu einer Welt voller geheimnisvoller Stofflabyrinthe, die schwer von der Decke hängen und fast den Boden erreichen. Da funktioniert nur krabbeln!
Irgendwann liege ich erschöpft unter einem summenden Stoffstalaktiten. Ich berühre ihn leicht, er schwingt hin und her und ich denke, hier bleibe ich und existiere einfach fröhlich vor mich hin! Leider schließt das Stoffstalaktiten-Paradies nach drei Stunden.
Ich brauche aber mehr von dieser Kleinkind-Erlebnisperspektive, denke ich, das tut meiner Seele gut. Ich gerate in einen Tanz, in dem die beiden TänzerInnen sich über jede neue Bewegung zu wundern scheinen. Ihr performtes Erstaunen überträgt sich auf mich und wirkt wie eine Frischzellenkur für meine in die Jahre gekommenen Zuschauersinne! Eine seltene Art von Glücksgefühl stellt sich ein. Ein rudimentäres Karussell wird in Bewegung gesetzt und ich würde am liebsten sofort dort hin stürmen und mich drehen ohne Ende. Ich bin wieder fünf, schaue leider etwas älter aus und will denen, die fünf sind und auch wie fünf aussehen, nicht den Platz wegnehmen. Sechs vergnügte ältere Damen aus dem Altersheim sind auch da. Kinder rasen um die Rollstühle herum. Das ist echtes (Mitmach-)Theater für alle, denke ich und bin begeistert: Das FELD Theater als utopischer Ort.
Im U-Bahnhof Nollendorfplatz ist das Glücksgefühl immer noch da. Es ist hartnäckig und lässt sich nicht so leicht vertreiben.
Katja Kollmann
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