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Archiv-Artikel

Wann wir schreiten Seit‘ an Seit‘

Sozialdemokraten zetern, Grüne zittern – und die Häuflein von PDS und WASG in NRW jubeln über das Angebot des ehemaligen SPD-Chefs Oskar Lafontaine für ein Linksbündnis zur Bundestagswahl

VON MARTIN TEIGELER und ANDREAS WYPUTTA

Jürgen Klute kann Oskar Lafontaines Angebot für ein Linksbündnis zur Bundestagswahl durchaus etwas abgewinnen. „Ich begrüße Lafontaines Vorschlag grundsätzlich“, sagte gestern der Spitzenkandidat der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) bei der jüngsten Landtagswahl in NRW. „Offene Fragen“ zu Inhalt, Organisation und Struktur eines möglichen neuen Projekts müssten in den nächsten Wochen geklärt werden.

WASG und PDS in Nordrhein-Westfalen diskutieren derzeit über den Vorschlag des Ex-SPD-Chefs. Nachdem beide Parteien getrennt zur NRW-Landtagswahl angetreten waren, sehen beide Seiten allerdings internen Diskussionsbedarf. „Nur ein gemeinsames Wahlbündnis hat eine reelle Chance, bei den Bundestagswahlen die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen“, sagt WASG-Landeschef Hüseyin Aydin.

Er betonte aber, ein solches Bündnis gelte „nur für den Wahltag, mit dem Ziel, eine gemeinsame Fraktion links von der SPD im Bundestag zu bilden“. Da beide Parteien ihre Eigenständigkeit nicht aufgeben wollen und ein parteiunabhängiges Wahlbündnis laut Wahlrecht nicht erlaubt ist, müssten PDS und WASG klären, auf welchem Ticket sie zur Bundestagswahl anträten.

Bei der Landtagswahl am 22. Mai war die WASG in NRW auf 2,2 Prozent gekommen, die PDS erreichte 0,9 Prozent. PDS-Landeschef Paul Schäfer hatte noch am Montag erklärt: „Ein Alleingang wäre für beide Parteien ein Va-Banque-Spiel.“ Bereits im Vorfeld der Landtagswahl hatte der PDS-Politiker aus Köln in einem Brief an den Vorstand der Wahlalternative Gesprächs- und Kooperationsmöglichkeiten ausgelotet. Doch ein Dialog kam nicht zustande, weil die Mehrheit der neuen Gewerkschafterpartei WASG damals nichts mit der PDS und deren Image der Ex-DDR-Partei zu tun haben wollte.

Enttäuscht und wütend reagieren viele Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr auf das Angebot ihres ehemaligen Parteichefs für ein Linksbündnis. „Lafontaine ist der größte Verräter aller Zeiten“, schäumt Kai Neuschäfer, Vorsitzender der Dortmunder Jungsozialisten. Ex-SPD-Chef Lafontaine leide an einer „Profilneurose“, habe „der Partei mehr geschadet als jeder andere Mensch“, findet Neuschäfer.

Nachdenklich reagieren die Grünen: „Das verschärft natürlich den Wettbewerb“, so Landesparteichef Frithjof Schmidt. „Für die Grünen geht es jetzt um die parlamentarische Existenz“, warnt auch der Landtagsabgeordnete Rüdiger Sagel. Die Hoffnung: „Wahlalternative und PDS sind strukturkonservativ, vergessen die Ökologie.“

Unterdessen forderte der Hagener SPD-Bundestagsabgeordnete René Röspel von seiner Partei Konsequenzen aus dem verheerenden Wahldebakel vom vergangenen Sonntag. Die SPD brauche gerade in NRW Veränderungen, sagte Röspel der taz. Für einen personellen Neuanfang, etwa durch Rücktritt des SPD-Landesvorsitzenden Harald Schartau, sei es aber zwei Tage nach der Wahl „noch zu früh“.

Anders als in Leverkusen: In der Bayer-Stadt ist inzwischen der gesamte Vorstand des SPD-Unterbezirks am Montag Abend zurückgetreten. Damit übernehme der Vorstand gemeinsam die Verantwortung für die Wahlniederlage, begründete die stellvertretende Vorsitzende Eva Lux den Schritt.

Der Leverkusener SPD-Landtagskandidat Michael Schmidt hatte den bisher sicheren sozialdemokratischen Wahlkreis Leverkusen an die CDU-Kandidatin Ursula Monheim verloren. Auf einem Sonderparteitag Anfang nächsten Monats soll ein neuer Vorstand gewählt werden.