: Das große Scheitern
47 Millionen Amerikaner sind nicht versichert. Schon Roosevelt wollte Reformen – ohne Erfolg
WASHINGTON ap | Mit 2,4 Billionen Dollar jährlich leisten sich die USA das teuerste Gesundheitssystem der Welt – und zugleich eines der verschwenderischsten. Experten schätzen, dass mindestens ein Drittel des Geldes für alles Mögliche draufgeht statt für Behandlung und Vorbeugung. Zugleich haben beinahe 47 Millionen Amerikaner keinerlei Versicherungsschutz für den Krankheitsfall.
Eine allgemeine Krankenversicherung wie in Deutschland kennen die USA nicht. Die meisten Amerikaner haben eine private Police über den Arbeitgeber abgeschlossen, der sich an den Kosten beteiligt. Rentner, Behinderte und Arme sind über die staatlichen Programme Medicare und Medicaid versichert. Präsident Barack Obama hat sich vorgenommen, einen erschwinglichen Versicherungsschutz für jedermann zu ermöglichen, mehr Wahlmöglichkeiten zu eröffnen und zugleich die Kostenexplosion in den Griff zu bekommen.
Die Kosten des Vorhabens werden auf rund eine Billion Dollar (706 Milliarden Euro) über zehn Jahre geschätzt. Wie das finanziert werden soll, etwa über einen Steueraufschlag für Reiche, hat Obama wie Einzelheiten überhaupt dem Kongress überlassen. Er hat nur ein Ziel vorgegeben und Abgeordnetenhaus und Senat aufgefordert, einen Gesetzentwurf auszuarbeiten.
An einer Gesundheitsreform haben sich schon eine Reihe von US-Präsidenten verhoben. Bereits 1912 machte Theodore Roosevelt eine bezahlbare Krankenversicherung für alle zum Wahlkampfthema und scheiterte. Auch Franklin D. Roosevelt wollte eine allgemeine Krankenversicherung, scheute sich 1935 aber, sie mit der Sozialversicherung zu verknüpfen. Dwight D. Eisenhower lief im Kongress zweimal mit dem Vorstoß auf, eine Rückversicherung für die Versicherungsunternehmen und einen Schutz für Bedürftige und Hochrisikopatienten zu schaffen. Erst Lyndon B. Johnson brachte mühsam Medicare zustande. Spektakulär scheiterte 1993 auch Bill Clinton. Er ließ im Weißen Haus unter Federführung seiner Frau Hillary einen detaillierten Gesetzentwurf erarbeiten und präsentierte das fertige, 1.300 Seiten starke Werk dem Kongress. Abgeordnete und Senatoren fühlten sich derart übergangen, dass sie nicht einmal darüber abstimmen mochten.