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Archiv-Artikel

Hartz IV nützt Nazis

betr.: „Die Hartz-IV-Proteste sind schuld“, taz vom 18. 5. 05

Der Rechtsextremismusforscher Henning Flad vertritt die Auffassung, die Proteste gegen Hartz IV hätten die rechte Szene gestärkt, weil sich die Nazis hier „als Teil einer großen Bewegung sehen“ konnten. Sie seien bei den Montagsdemos nicht sozial geächtet worden. Bei der Betrachtung gerade der Montagsdemos im Osten wird das Gegenteil deutlich. In Dresden und Erfurt wehrten sich die BürgerInnen gegen die Anwesenheit von Neonazis auf den Montagsdemos, diese wurden aber von der Polizei regelrecht in die Demos hineingedrängt, oder es wurde von der Polizei durchgesetzt, dass sie einige Meter hinter der Demo her gehen dürfen (Dresden). Ohne staatliche Unterstützung wäre diese Präsenz nicht möglich.

Die SPD sucht Strategien gegen die Gefahr von rechts – durch Hartz IV und eine Politik der Konzerne hat sie ihren eigenen Niedergang verursacht. Dadurch kamen die Neonazis überhaupt erst zu der Möglichkeit, ihre Propaganda mit wirtschaftlichen und sozialen Themen zu verknüpfen, und zu ihren parlamentarischen Erfolgen.

Eine Arbeitslosigkeit von offiziell 5 Millionen – inklusive Ein-Euro-Jobber, Arbeitslose in prekären Arbeitsverhältnissen und „Qualifikationsmaßnahmen“ sind es geschätzte 8 Millionen – erfordert eine aktive antikapitalistische Politik und keine Lippenbekenntnisse. Eine Politik, die Existenzängste verursacht, bildet selbst den Nährboden für Rechtsextreme. Dies sollte eigentlich mit den historischen Erfahrungen der Weimarer Republik Binsenweisheit sein.

Unerträglich ist, wenn ausgerechnet der aktive Protest der Bevölkerung gegen diese Politik für das Bild verantwortlich gemacht wird, das sich in der Bundesrepublik tatsächlich bietet: Neonazis, die immer frecher werden, „national befreite Zonen“, NPD und DVU in Landesparlamenten. Die Hartz-IV-DemonstrantInnen haben dieses Bild nur an die Öffentlichkeit gebracht. Deswegen sind wir für die völlige Rücknahme von Hartz IV und für ein Verbot aller faschistischer Organisationen. KATJA VIEBAHN, Oldenburg