brief des tages
:

Sprachlos beim Arzt

„Dolmetschen in der Arztpraxis: Das verschleppte Versprechen“, taz vom 7. 9. 24

Das Hauptproblem sehe ich als ehemaliger Inhaber einer Arztpraxis in der Honorierung hausärztlicher Leistungen, indem zeitlich aufwendige Arbeit „budgetiert“, also über ein zeitliches Minimum hinaus, nicht bezahlt wird, was bei einer überdurchschnittlich großen migrantischen Klientel den Bestand der Praxis gefährdet. Denn von diesem Honorar wird ja nicht nur der (meinerseits nicht vorhandene) Arzt-Porsche bezahlt, sondern vor allem das Praxispersonal, die immer mehr ausufernde EDV-Technik, Raummiete. Zuallererst muss also die Budgetierung weg, und der zeitliche Aufwand der Leistungen muss 1:1 bezahlt werden – natürlich inklusive Übersetzungen. Ich sehe als Alternative zu Laiendolmetscher/innen plus Google-Übersetzung (was manche meiner Patient/innen schon virtuos beherrschen) den verstärkten Einsatz von migrantischen Fachleuten. Unter den Geflüchteten befinden sich zahlreiche Ärzt/innen oder Krankenschwestern/pfleger, die einen jahrelangen Kampf um ihre Anerkennung führen müssen – dieser Aufwand ist auf ein Minimum zusammenzustreichen. Statt fachfremder Übersetzer/innen – die Fachleute sind schon da! Ernst Soldan