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Archiv-Artikel

ausstellung Subtile Referenzen an den Westen

Mit viel Phantasie, kritischem Witz und handwerklichem Können sorgten junge Künstler aus China noch vor einigen Jahren auf dem Kunstmarkt für Furore und Umsatz. Geprägt waren ihre Werke zum Teil durch überdeutliche technische, formale und inhaltliche Anleihen bei ihren westlichen Kollegen. Inzwischen ist der Hype vorbei, und das Kölner Museum für Ostasiatische Kunst schiebt mit „Himmel in der Pinselspitze“ eine Ausstellung über „Chinesische Malerei des 20. Jahrhunderts“ nach.

Ein in die Irre führender (Unter-)Titel. Denn zwar werden in chronologischer Folge Arbeiten aus einem ganzen Jahrhundert gezeigt. Es fehlen jedoch die sozialistischen Realisten und die junge Generation, die sich ausdrücklich nach Westen orientiert. Stattdessen verfolgt die Ausstellung im Wesentlichen den Strang der traditionellen „Literatenmaler“, deren zentrales Thema die Stellung des Menschen in und zu der Natur ist. Dabei kommt es nicht auf deren realistische Wiedergabe an, sondern auf Stimmungen. Dies sollte dem Betrachter die Meditation erleichtern.

So wirken die rund 50 ausgestellten Bilder – meist Hängerollen aus eigenen Beständen – von etwa 25 Künstlern auf den ersten Blick „klassisch“ in Technik und Thema. Sie zeigen majestätische Landschaften mit nebelverhangenen Bergen, die demütig-winzigen Menschen, die Vogelperspektive, Stillleben, die frei im Raum zu schweben scheinen. Alles gekonnt getuscht.

Doch auch diese Maler griffen Einflüsse aus Japan und dem Westen auf, allerdings nicht so offensichtlich wie ihre jungen Kollegen. Diese Übernahmen zu erkennen, bedarf es des geübten Blicks auf das Bild. Hilfe leisten die Schrifttafeln und der Katalog, die auch von den politischen Bedingungen erzählen, unter denen die Künstler arbeiteten – mal wurden sie gefördert, oft genug verfemt. Zu entdecken sind etwa Farbabstufungen, die aus der Ölmalerei kommen, oder westliche Lichteffekte und expressive Formen. Fazit: eine anspruchsvolle Ausstellung über eine wichtige Facette chinesischer Kunst. Leider unter falschem Titel.

JÜRGEN SCHÖN

„Himmel in der Pinselspitze – Chinesische Malerei des 20. Jahrhunderts“: Museum für Ostasiatische Kunst Köln, Universitätsstr. 100, bis 25.9., Di-So 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr, Ausstellungskatalog 19,80 Euro