: Mäuse quälen für UMTS?
Die Zahl der Tierversuche in Bremen steigt – im Auftrag des Grünen Ministers Trittin. Genauso wenig „unerlässlich“ wie die Affenversuche, sagen die Grünen. Staatsrat Köttgen: Bremer Tierversuche reduzieren Tierverbrauch weltweit – nur nicht hier
Bremen taz ■ Die Tierversuche sollen „perspektivisch reduziert“ werden, hat die Bremische Bürgerschaft im Juni 1997 beschlossen und gleichzeitig den Experimenten an Makaken-Affen zugestimmt. Seitdem hat die Zahl der in Versuchen verwendeten Tiere zugenommen: Im Jahre 2000 waren es nach einer Aufstellung des Senats noch 937, im Jahre 2001 schon 1.853, die Zahlen stiegen im Jahre 2003 auf ihren Höhepunkt mit 2.318, 2004 waren es 1.557.
Den Grünen, die mit ihrer Großen Anfrage die Debatte in der Bürgerschaft angeregt hatten, geht es vor allem dabei um die Makaken-Experimente. Die Zahl der dafür verwendeten Tiere steigt nicht, es sind bisher insgesamt 21 Affen an den Versuchen beteiligt, zwei von ihnen wurden bisher eingeschläfert und ihr Gehirn seziert. Wenn die Wissenschaftler um den Neurobiologen einen neuen Antrag für ihre Tierversuche stellen müssen, so forderte die Grüne Silvia schön, dann muss die „Unerlässlichkeit“ des Tierverbrauches stärker geprüft werden als bisher.
Und die Grünen werden versuchen, das Verbandsklagerecht im Bremer Tierschutz einzuführen, damit Entscheidungen der Senatsverwaltung gerichtlich überprüfbar werden. Derzeit ist dieser Bereich öffentlicher Verwaltung einer gerichtlichen Überprüfung nicht unterworfen.
Insbesondere fühlen sich die Grünen getäuscht, weil vor vier Jahren im Parlament bei der Beratung um die hohen Kosten für einen Kernspintomografen der Eindruck erweckt wurde, damit könnten „invasive“ Tierversuche überflüssig werden. Die wissenschaftspolitische Sprecherin der SPD, Gerlinde Berg, erinnerte daran, dass sie an dem Tag, an dem das Gerät endlich in Betrieb genommen wurde, eine Pressemitteilung mit der Botschaft verbreitet habe, nun seien die „invasiven“ Tierversuche vorbei, bei denen den Affen Sonden ins Gehirn gepflanzt werden.
„Da habe ich mich wohl geirrt“, bekannte sie gestern. Und stellte die Frage, ob die Wissenschaftler sich überhaupt darum bemühten, dem Willen des Parlaments zu entsprechen, wenn sie unverhohlen heute erklären, der Kernspintomograf würde die anderen Tierversuche „ergänzen“, nicht ersetzen. Als wissenschaftspolitische Sprecherin werde sie dafür eintreten, dass im Herbst den Wissenschaftlern eine „Frist eingeräumt“ wird, um die Tierversuche zu beenden.
Nur die CDU unterstützt derweil die Position des Wissenschaftsressorts uneingeschränkt, dass Tierversuche für den wissenschaftlichen Fortschritt auf unabsehbare Zeit notwendig seien. Wissenschafts-Staatsrat Rainer Köttgen meinte, die Kombination von klassischen Tierexperimenten mit dem Kernspintomograf in Bremen könne vielleicht zu Ergebnissen führen, die es ermöglichen, an konkurrierenden Forschungseinrichtungen anderswo in der Welt die Zahl der Tierversuche zu reduzieren.
Die Zahl der Tierversuche in Bremen, konterte Köttgen gegen die Grünen, sei übrigens vor allem gestiegen, weil Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) Versuchsreihen an Mäusen zum Test der Schädlichkeit der UMTS-Strahlung finanziere. Die IUB hatte einen Teil des Auftrags erhalten – und allein im Jahr 2003 über 1.000 Mäuse bestrahlt.
Völlig überflüssig sei dies, konterte ihrerseits Silvia Schön, der Fall sei ein Beispiel für unsinnige Tierversuche, weil Rückschlüsse auf den Menschen doch nicht möglich seien. Dass die Bremer Wissenschaftsbehörde wenig Interesse an Alternativen zu Tierversuchen habe, zeige der Fall der Wissenschaftlerinnen, die Ersatzmethoden für die Versuche mit Kaninchenaugen erfunden hatten. Erst im Dezember hatte Gesundheitssenatorin den beiden einen Tierschutzpreis überreicht. Inzwischen hätten die Wissenschaftler Bremen verlassen, weil sie hier kein Angebot erhalten hätten.
Klaus Wolschner