Die Wanderausstellung

50 Jahre nach dem Anwerbevertrag mit Italien: Braucht Deutschland ein Migrationsmuseum? Experten und taz-LeserInnen diskutieren am Freitag

VON BORIS R. ROSENKRANZ

So wie es mittlerweile für alles und jeden Preise und Auszeichnungen gibt, werden auch immer neue Museen aus dem Boden gestampft – bis hin zum eher zwielichtigen Museum für Pop-Musik, das Rock-Jünger mit Elvis-Locken nach Gronau lotst. Auch dass sich ein Kölner Verein seit September 2003 für ein Migrationsmuseum einsetzt, lässt einige Menschen zumindest stutzen: Ein Museum über Migration? Braucht man das?

Rückblick: Im Dezember 1955, also vor fast 50 Jahren, wird in Rom der erste Anwerbevertrag besiegelt. Das deutsch-italienische Abkommen, dem weitere Verträge mit anderen Ländern folgen, regelt die Zuwanderung künftiger „Gastarbeiter“. Bis zum Anwerbestopp im Jahre 1973 kommen mehr als fünf Millionen Menschen in die Bundesrepublik: Menschen, die maßgeblichen Anteil am so genannten „Wirtschaftswunder“ haben.

Viele der Einwanderer hatten und haben Probleme mit ihrer Identität. Zumal es einen zentralen Ort, an dem die Geschichte, Kunst und Kultur der Migration erfahrbar gemacht wird, in Deutschland bislang nicht gibt. Sonderbar, macht Migrationsgeschichte doch einen bedeutenden Teil deutscher Geschichte aus, demzufolge Migration eigentlich in deren Kontext ausgestellt werden müsste. Sieht man jedoch in die Museen, fällt der Blick oft bloß auf ein paar schnöde Memorabilien, zum Beispiel das Moped, das einst dem millionsten Gastarbeiter übergeben wurde. Zu wenig, um Migrationsgeschichte abzubilden.

Aber was ist Migration überhaupt? Der Begriff wird oft kontrovers diskutiert. Streng genommen zählen nämlich auch Pendler, die täglich zwischen ihrem Wohn- und Arbeitsort hin- und herfahren, zur Gruppe der Migranten. Vielleicht ist der Begriff Migrationsmuseum also nicht besonders klug gewählt, weil er zu viel umfasst und in den Ohren vieler Menschen recht abstrakt klingen mag. Aber wie nennt man das Kind dann? Oder sollte man es schon vor der Geburt wieder begraben? Die Fragen, die sich um ein mögliches Migrationsmuseum ranken, inklusive der Frage nach dem am besten geeigneten Standort, wollen wir am kommenden Freitag stellen: bei der taz nrw-Podiumsdiskussion im Haus der Geschichte in Bonn (siehe Kasten). Kommen Sie auch. Diskutieren Sie mit. Der Eintritt ist frei.