Atomwaffenkonferenz scheitert an Blockade

In New York endet die Vertragskonferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags ohne Ergebnis

WASHINGTON taz ■ Die alle fünf Jahre stattfindende Vertragskonferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags schien gestern am UN-Sitz in New York ohne Erfolg oder erkennbaren Fortschritt zu Ende zu gehen. Vier Wochen lang hatten Regierungsvertreter verhandelt, um die Schlupflöcher des Vertrags zu schließen und Atomwaffenmächte zu weiterer Abrüstung zu verpflichten. Doch die Konferenz versandete im Streit um Verfahrensfragen und wurde vor allem vom Iran, den USA und Ägypten blockiert.

Der algerische Delegierte Abdallah Baali, der die Konferenz im Jahre 2000 leitete, räumte das Scheitern ein. Es werde eine kurze Abschlusserklärung geben, die lediglich verkündet, dass man sich auf nichts habe einigen können. Allenfalls werde ein vages Statement verfasst, dass auch in Zukunft die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen unterstützt.

Die Verhandlungsatmosphäre sei destruktiver als bei allen vorangegangen Konferenzen gewesen, sagte der ehemalige US-Diplomat Thomas Graham, der an allen entscheidenden Rüstungskontrollvereinbarungen mitarbeitete. „Wir haben auch in der Vergangenheit Niederlagen einstecken müssen, doch dieses Scheitern ist dramatischer als jemals zuvor.“

Die Gründe hierfür sind dreifacher Natur: Über die vergangenen Jahre hat sich ein atomarer Schwarzmarkt entwickelt. Eine wachsende Zahl von Staaten bemüht sich offen oder geheim in den Besitz von Nukleartechnologie zu kommen, die für eine zivile und militärische Nutzung verwendet werden kann. Terroristen haben erklärt, sich ABC-Waffen oder nuklearwaffenfähiges Material beschaffen zu wollen. Das mögliche Zusammenspiel dieser Faktoren hat in den Augen von Sicherheitsexperten die nukleare Bedrohung erheblich wachsen lassen.

Graham und viele Kenner der Materie machen überwiegend die USA für das Scheitern verantwortlich. Sie werfen der Bush-Regierung ein gefährliches Desinteresse an der weiteren Stärkung des Sperrvertrags vor – eine deutliche Abkehr vom Verhalten früherer US-Regierungen. Überdies hat Washington seine Zugpferdfunktion für die Abrüstung verloren und Glaubwürdigkeit eingebüßt, indem es aus dem ABM-Vertrag ausstieg, „Mini Nukes“ entwickelt und selbst Nichtatomstaaten mit dem Einsatz von Nuklearwaffen droht.

Doch auch der Iran und Ägypten spielten unrühmliche Rollen. Teheran wollte sicherstellen, dass die Konferenz nichts gegen seine beabsichtigte Urananreicherung unternehmen würde. Kairo verzögerte die Verhandlungen nach dem fehlgeschlagenen Versuch, die Aufmerksamkeit auf Israels geheimes Atomwaffenprogramm zu lenken.

Der Misserfolg dürfte der Erosion des Sperrvertrags weiter Vorschub leisten. Die fünf offiziellen Atommächte, USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien, hinken ihrer Verpflichtung hinterher, ihre Waffenarsenale drastisch zu reduzieren. Noch immer verfügen sie über rund 30.000 Atomsprengköpfe. Israel, dem rund 200 Waffen nachgesagt werden, sowie die neuen Atomstaaten Indien und Pakistan haben den Vertrag nie unterzeichnet. Nordkorea kündigte ihn 2002 auf.

MICHAEL STRECK