: Die Abiturienten kommen
TURBO-ABI Der Doppeljahrgang 2010 wird um 1.000 Schüler größer als erwartet. Die Studienplätze dürften dann noch knapper werden
SPD-Schulpolitiker Ties Rabe
Aus Hamburgs Schulen gibt es Erfreuliches zu berichten. Im Jahr 2009 haben weit über 7.000 Schüler das Abitur bestanden. Im Vorjahr waren es 6.357 gewesen. Die Abiturientenquote ist in den letzten Jahren steil nach oben geklettert, doch damit steigt auch die Zahl derjenigen, die zum Ende des jetzt beginnenden Schuljahrs im Sommer 2010 als „Doppeljahrgang“ die Schule verlassen – mit dem Abitur nach zwölf und dem nach 13 Jahren.
Prognostizierte der Senat vor zwei Jahren noch 11.160 Abiturienten, so nennt er jetzt die Zahl 12.100, wie eine kleine Anfrage der SPD ergab. „Da kommen gigantische Schülerzahlen oben drauf“, warnt der SPD-Schulpolitiker Ties Rabe. Der Senat tue für diesen Jahrgang zu wenig. Da ein Drittel gleich anfange zu studieren, müssten an Hamburgs Hochschulen für 2010 mindestens 2.000 zusätzliche Studienplätze geschaffen werden. Rabe: „Sonst verdrängen die Abiturienten die Haupt- und Realschüler vom ohnehin knappen Ausbildungsmarkt.“
Doch die Pläne sehen anders aus. Hamburg hat sich im Bund schon vor Jahren im so genannten Hochschulpakt I auf ein Maßnahmepaket für die Doppeljahrgänge verständigt. Darin sagte der Stadtstaat zu, dass er auf einen ab 2005 geplanten Studienplatzabbau verzichtet und einmalig 1.376 Studierende mehr aufnimmt. Allerdings splittet sich diese Zahl über vier Jahre, so dass Hamburg 2010 nur 211 Studienanfänger mehr versorgt als 2007.
Der Hochschulpakt II, mit dem weitere Studiengelegenheiten geschaffen werden sollen, greift erst ab 2011, wenn das Nachbarland Niedersachsen seinen ersten Turbo-Abi-Jahrgang entlässt. Laut Ties Rabe wird das, was Hamburg bis dahin an zusätzlichen Studierenden aufnimmt, allein durch den Abiturientenanstieg „aufgezehrt“, der schon ohne den Doppeljahrgang zustande kommt.
In der Wissenschaftsbehörde rechnet man mit kleineren Zahlen. „Wir arbeiten mit der Zahl von 4.700 zusätzlichen Abiturienten“, sagt Sprecher Timo Friedrichs. Von diesen würden nur 34 Prozent gleich ein Studium beginnen, davon wiederum nur geschätzte 1.090 in Hamburg. Weitere 1.100 würden erst ein Jahr später an die Hochschulen kommen, wenn der Hochschulpakt II greift.
In der Schulbehörde hält man es ohnehin für „nicht realistisch“, dass Hamburg allen Schülern des Doppeljahrgangs einen Platz bietet. „Es gibt in anderen Bundesländern genug Studienplätze, die unbesetzt sind“, sagt Sprecher Jan Bruns.
Ein Argument, das Ties Rabe nicht gern hört. „Ein Auswärtsstudium kostet 15.000 Euro zusätzlich“, hat er errechnet. „Als Vater von drei Kindern frage ich: Wer bezahlt das?“ KAIJA KUTTER