: „Die hat er nicht zu haben“
Theaterchef Peymann findet die Millionenrücklagen seines Berliner Ensembles gar nicht schlimm – auch wenn er über 10 Millionen Euro pro Jahr an Subventionen erhält
Der Intendant des Berliner Ensembles (BE), Claus Peymann, ist erneut wegen der Millionenrücklagen für sein Haus in die Kritik geraten. Die Kulturexpertin von Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus, Alice Ströver, sagte zu den Rücklagen in Höhe von knapp 3 Millionen Euro: „Die hat er nicht zu haben.“ Skandalös sei zudem, dass die Kulturverwaltung seit drei Jahren keine Verwendungsnachweise über die Subventionsmittel verlangt habe, die das Berliner Ensemble erhält. Ströver zufolge handelt es sich dabei um über 10 Millionen Euro pro Jahr.
Vor wenigen Tagen hatte der Rechnungshof gerügt, das BE erhalte wegen dieser Rücklagen zu hohe Subventionen. Peymann verteidigte dagegen grundsätzlich die Praxis hoher Rücklagen. „Ein Rücklagenpolster von vielleicht 1,5 Millionen Euro ist für einen Betrieb wie unseren lebensnotwendig“, erklärte er in einem Gespräch mit dem Tagesspiegel. Zugleich räumte er jedoch ein, dass die derzeitigen Rücklagen von 3 Millionen Euro „vielleicht ein wenig zu hoch“ gewesen sei.
In gewohnter Arroganz holzte Peymann nach diesem Eingeständnis zugleich zurück: „In einer Stadt wie Berlin ist es offenbar nicht zu vermitteln, dass man einen Subventionsbetrieb mit Gewinn hat. Hier kennt man nur Schulden und Bankrotteure“, sagte der Theaterchef. Wie gewohnt, drohte er auch wieder mit seinem Abgang von Berlin: „Was in zwei Jahren ist, weiß ich nicht. Ob ich bleibe, ob ich gehe, ob ich vorher gehe.“
Peymann hat wegen der Rücklagen sichtlich keinerlei schlechtes Gewissen, da Lottomittel wegfielen, mit denen früher die Arbeit am BE unterstützt worden war. Alice Ströver sagte, mit den Rücklagen habe der Intendant offenbar nach dem Wegfall dieser Zuwendungen „das Risiko abfedern“ wollen.
Sie vermutet, dass es zwischen ihm und der Kulturverwaltung ein „stilles Einvernehmen“ gegeben habe nach dem Motto: Ihr verliert die Lottomittel, dafür schauen wir nicht genau hin, wie ihr mit den Subventionen wirtschaftet: „Das sieht sehr nach einem abgekarteten Spiel aus“, sagte Alice Ströver. Sie verwies darauf, dass eine Rücklage von nur einer Million Euro angesichts des Mangels an öffentlichem Geld für die Kultur viel bedeute. Insofern kritisiere sie eher die Kulturverwaltung als Peymann.
Nach Informationen aus der Kulturszene verdient Peymann einen niedrigen sechsstelligen Betrag pro Jahr – was durchaus einem in dieser Sparte üblichen Salär entspricht. PHILIPP GESSLER