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berliner szenenEin Code für die gelbe Leere

Es gibt mehrere Gründe, warum ich ungern irgendwas aus dem Internet bestelle. Die Umwelt ist da ein wichtiger Grund. Ein anderer: Mich stresst es. Mich stresst es, immer wieder den Sendungsstatus zu aktualisieren, zu fluchen, wenn man extra daheimbleibt, aber der Postbote dann nicht klingelt und behauptet, man wäre nicht zu Hause gewesen. Mich stresst es, eine Retoure anzumelden und zu checken, ob denn das Geld wieder den Weg zurück aufs Konto gefunden hat.

Vorgestern kam ein neuer Stressfaktor dazu: Packstation. Es hieß online, dass mein Päckchen in einer Packstation abgegeben wurde. Erstmal googelte ich, was das überhaupt ist, eine Packstation, bis ich begriff, dass es sich dabei um diese gelben Regale mit Schließfächern handelt, die man sonst eher aus dem Schwimmbad kennt. Erst kürzlich wurde so ein Teil in meiner Straße installiert und ich fragte mich noch, wer allen Ernstes dieses Regal nutzt – und nun wurde ich gezwungen, das auch zu tun. Doch zuvor musste ich eine App der Deutschen Post installieren, meine Identität mit meinem Personalausweis verifizieren – und dann warten, bis denn in meinem Briefkasten eine Benachrichtigungskarte mit dem Code liegen würde, den ich brauchte, um eines dieser Schließfächer zu öffnen.

Ich wartete einen Tag, doch mein Briefkasten blieb leer. Ich dachte: Vielleicht ist dieser Code ja auch identisch mit der Sendungsnummer, also lief ich auf gut Glück zu diesem gelben Regal. Dort stand gerade ein Mann und schaute verdutzt in eines der Fächer, das offen war. „Da ist ja gar nichts drin“, fluchte der. Tatsächlich. Das Fach war leer. Ob der Code, um dieses Fach zu öffnen, identisch wäre mit der Sendungsnummer, wollte ich wissen. Der Mann schüttelte den Kopf. Und dann schüttelte er nochmal den Kopf, als er in das leere Fach starrte.

Eva Müller-Foell

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