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Archiv-Artikel

Herzen vor die Füße

SLACKER-SONGS Wenn Schauspieler Rockstars sein wollen, ist Vorsicht angesagt. Robert Stadlobers Band Gary ist aber nicht nur eintagsfliegenhaftes Produkt eines manisch-narzisstischen Darstellergemüts. Auf dem neuen Album „Hey Turtle, Stop Running!“ sind die melodienseligsten Slacker-Songs des Jahres

Wenn millionenschwere Hollywoodschauspieler hysterisch mit der Botschaft herausplatzen, sie würden ja jetzt in einer Rockband singen, das sei so – uhhh, Baby! – unfassbar cool, und etwas anderes hatten sie eigentlich nie machen wollen, dann ist es möglicherweise wieder einmal an der Zeit, die Stirn ein paar Millisekunden lang in nachdenkliche Falten zu legen.

Robert Stadlober ist freilich ganz ein anderer Fall. Zwar ist auch der 1982 im österreichischen Kärnten geborene junge Mann Schauspieler – wir erinnern uns an Auftritte in Filmen wie „Crazy“, „Sonnenallee“ oder „Schwarze Schafe“. Eintagsfliegenhaftes Produkt eines manisch-narzisstischen Darstellergemüts ist die Band Gary aber mitnichten. Und Stadlober kann tatsächlich schön schräg singen und Gitarre spielen, betreibt sogar, zusammen mit Bernhard Kern, ein ernstzunehmendes Indie-Plattenlabel namens Siluh Records.

Seit dem Jahr 2000 gibt es die Gary nun schon. Okay, die Band lag ein paar Jahre auf Eis; doch spätestens seit der Veröffentlichung des Albums „Hey Turtle, Stop Running!“ im März ist klar, Stadlober („Nichts ist schlimmer als Bono von U2“), Gründungsmitglied und Schlagzeuger Rasmus Engler, Bassist Daniel Moheit und die Keyboarderin und Sängerin Astrid Noventa sind wieder da – mit glasklar verschrammelten alten Helden in ihren Instrumentenkoffern.

Anders gesagt: Wenn man nicht weiß, ob sich hier gerade Evan Dando, Lou Barlow, J. Mascis, Elliott Smith, Thurston Moore oder alle gleichzeitig das Herz herausreißen, um es der jeweiligen Liebsten vor die Füße zu werfen, ist das einerlei: Gary haben die richtige Musik gehört und machen was draus. Die melodienseligsten Slacker-Songs des Jahres 2012. Kurt Cobain hätte das gefallen.  MICHAEL SAAGER

■ Hamburg: Do, 12. 4., 20 Uhr, Grüner Jäger; Braunschweig: So, 15. 4., Nexus; Bremen: So, 22. 4., Schwankhalle; Göttingen: Mo, 23. 4., Apex