: Bremer NS-Psychiatrie
Klinikum Ost begeht den 10. Gedenktag für die Opfer der NS-Psychiatrie in Bremen. Mit einem Theaterstück, das die Täter-Perspektive zeigt
Bremen taz ■ Am 30. Mai 1940 wurden 36 PatientInnen der Bremer Nervenklinik in die Heil- und Pflegeanstalt Wehnen bei Oldenburg verlegt. Fast alle starben als Opfer der nationalsozialistischen Gesundheitspolitik: An Hunger und Vernachlässigung. Vor zehn Jahren hat der Gedenkkreis für die Opfer der NS-Psychiatrie in Bremen beschlossen, diesen Tag zum Erinnerungstag zu machen.
Das Klinikum Bremen Ost hat sich seit den 90er Jahren intensiv mit diesem Erbe auseinander gesetzt: Zwei Mahnmale erinnern auf dem Krankenhausgelände an die über 400 ermordeten PatientInnen und mehr als 2000 Zwangssterilisierten. Zahlreiche Publikationen und das Krankenhausmuseum arbeiten die Geschichte der früheren Bremer Nervenklinik im Nationalsozialismus auf.
Zum Anlass des gestrigen 10-jährigen Gedenktages ging das Museum einen ungewöhnlichen Schritt: Mit einem Bühnenmonolog des Schauspielers Gregor Lawatsch versuchte man, sich den NS-Tätern zu nähern, ihre Beweggründe, ihre Abgründe auszuloten.
Das Stück „Ein deutsches Herz“ verwendet Aufzeichnungen des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß, der für den Tod von 2,5 Millionen Menschen verantwortlich war, sich selbst aber als „ganz normalen Menschen“ betrachtete.
Um aus der Geschichte zu lernen, müsse man schematische Zuordnungen aufgeben, erklärte Hans Koschnik, ehemaliger Bremer Bürgermeister, bei seiner Einleitung die Wahl des bedrückenden Stückes. Die Menschen seien nicht Täter geworden, weil sie von Grund auf böse waren, sondern weil ihnen der Respekt vor menschlichem Leben fehlte. Diesen Respekt gelte es zu bewahren, insbesondere in der Wissenschaft und im Hinblick auf psychisch Kranke oder behinderte Menschen. „Es ist auch heute für Pflegepersonal und ÄrztInnen wichtig, diese Konsequenzen von Respektverlust zu kennen“, sagt Museumsleiter Achim Tischer. Denn sie seien oft mit Situationen konfrontiert, die von ihnen viel Toleranz und Verständnis für das Anderssein ihrer PatientInnen erforderten. tak