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Archiv-Artikel

Stiftung für ein Notvesper

Der Verein Berliner Tafel hat eine Stiftung gegründet, um seine Fixkosten zu decken. Jetzt ist die Vereinsvorsitzende Sabine Werth auf der Suche nach Unterstützern, „um das Kuratorium der Stiftung noch schöner zu machen“

Spendeneintreiben gehört gewissermaßen zu den Kernkompetenzen der Berliner Tafel. Darauf basiert die ganze Tafel-Idee. Lebensmittel, die andernfalls aussortiert und weggeworfen würden, werden gesammelt und an Bedürftige verteilt. So fing es 1993 an. Weil es gut lief, weil viel gespendet wurde und viel verteilt, werden jetzt noch mehr Spenden gebraucht. Diesmal aber keine Lebensmittel, sondern Bares. Die Berliner Tafel hat deshalb eine Stiftung gegründet. Offizielles Gründungsdatum war der 19. Februar.

Am Dienstag aber wurde zum ersten Mal öffentlich gefeiert. Das Ziel heißt: zweieinhalb Millionen Euro. Damit könnten die verschiedenen Projekte der Berliner Tafel am Laufen gehalten werden. Die Essensverteilung, das neue Netz von Ausgabestellen in den Kirchen („Laib und Leben“) und das Kinderrestaurant in der gelben Villa in Kreuzberg.

Wie lange es dauern wird, bis die Stiftung das Geld zusammenhat, ob sie das überhaupt schafft – das kann Sabine Werth, die Vorsitzende der Berliner Tafel, nicht genau sagen. Sie weiß nur so viel: „Wir müssen furchtbar aktiv sein.“ Potenzielle Spender sollen angeschrieben werden, Benefiz-Aktionen sind geplant. Außerdem möchte Werth das Kuratorium der Stiftung „noch schöner machen, als es sowieso schon ist“, und „mit den namhaften Leuten Geld anziehen“. Bisher engagieren sich etwa Dagmar Reim, die RBB-Intendantin, und Hans-Peter Wodarz vom Restaurant-Theater „Pomp Duck and Circumstance“. Die Grünen-Abgeordnete Sibyll Klotz gehört zum Beirat.

Mit der Stiftung will der Verein die Zukunft der Berliner Tafel sichern und weiterhin unabhängig bleiben. Auf öffentliche Gelder wird nach wie vor verzichtet.

Doch kurzfristig haben sich die Finanzschwierigkeiten der Tafel durch die Stiftung eher verstärkt. Um als solche anerkannt zu werden, mussten 50.000 Euro aufgebracht werden. Gut die Hälfte waren Spenden, der Rest Eigenmittel. Die fehlen vorerst im Tagesgeschäft. Dort fallen mittlerweile einige Kosten an – trotz der vielen ehrenamtlichen Helfer. Im Kinderrestaurant werden drei Festangestellte bezahlt, bei der Essensverteilung sind es zwei. 15 Autos verbrauchen täglich Sprit und lassen jährlich Steuern fällig werden.

Obwohl die bestehenden Projekte eigentlich genug Kraft kosten, hat Sabine Werth fürs nächste Jahr schon einen neuen Einfall. Zunächst behält sie den aber für sich. Ihre Vereinskollegen könnten ihr das sonst übel nehmen. „Die Begeisterung bezüglich meiner Ideen ist bei denen mal so, mal so“, sagt sie, „Das bedeutet vor allem immer viel Arbeit.“ JOHANNES GERNERT