SÜDGELÄNDE
: Artenvielfalt

Mann, gibt’s hier viele schräge Vögel

Robinien, Eidechsen und eine Hand voll noch nie gesehener Heuschreckenarten. Wir stapfen durch das weitläufige Südgelände. Bis 1945 rangierten hier Güterzüge auf einem großzügig angelegten, jetzt von Schlingpflanzen überwucherten Kreisel. Das Terrain südlich der Schöneberger „Roten Insel“, im spitzen Winkel zwischen zwei Bahnlinien, verwaldet immer mehr. Jedenfalls behauptet das die Berliner Senatsverwaltung, genauso wie sie den einzigartigen Mix von bedrohten Tier- und Pflanzenarten feiert.

Hannah und ich zuckeln über Holzplanken, einen halben Klafter über dem sandigen Grund: links und rechts Büsche und Bäume, ab und zu ein dreieckiges Schild mit einer monochromen Eule: „Achtung, Landschaftsschutzgebiet – Betreten verboten“. Oder ein Ton-Uhu – expressionistisch geritzte Federn und ein kirre machender Blick – als künstlerische Intervention. Dicht neben uns zischt ein weißer Hochgeschwindigkeitszug vorbei. Über uns, auf dem offiziellen Aussichtspunkt, einer hochsitzähnlichen Holzkonstruktion, sonnt sich ein Bikinimädchen ohne Bikini. Wir trauen uns verständlicherweise nicht nach oben, sondern ziehen es vor, an Golddistel, Sparriger Flockenblume, Dunklem Zwerg-Hornkraut, Finger-Steinbrech und Echtem Wundklee zu schnuppern.

Oder Eichelhäher, Elster, Fitis, Gartengrasmücke, Gartenrotschwanz, Girlitz, Grünfink, Hausrotschwanz, Haussperling, Haustaube, Heckenbraunelle, Kernbeißer, Klappergrasmücke, Kohlmeise, Mönchsgrasmücke, Nachtigall, Nebelkrähe, Ringeltaube, Rotkehlchen, Schwanzmeise, Singdrossel, Stieglitz, Sumpfrohrsänger, Tannenmeise, Trauerschnäpper, Turmfalke, Türkentaube, Zaunkönig, Zilpzalp ornithologisch zu bestimmen. Mann, gibt’s hier viele schräge Vögel, sage ich zu Hannah. Die lacht: Ja, und seit heute einen mehr! TIMO BERGER