Kinder nicht auf Diäten gesetzt

CDU-Abgeordneter Jörn Frommann soll sich vom Staat Erziehungsgeld erschlichen haben. Ermittlungsverfahren wegen Betrugsverdachts eingeleitet. Der Beschuldigte weist alle Vorwürfe zurück, sein Bürgerschaftsmandat will er nicht aufgeben

Von Sven-Michael Veit

Und schon wieder ist ein CDU-Volksvertreter ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Der Abgeordnete Jörn Frommann (37) soll zu Unrecht Erziehungsgeld für seine im August vorigen Jahres geborene Tochter kassieren, lautet der Vorwurf in einer anonym erstatteten Anzeige.

Die Staatsanwaltschaft hat gestern, das bestätigte ihr Sprecher Rüdiger Bagger auf Anfrage, die Ermittlungen wegen Betrugsverdachts aufgenommen. Das Bürgerschaftspräsidium habe keine Einwände erhoben. In Hamburg genießen Abgeordnete Immunität nur, wenn die Bürgerschaft dies ausdrücklich beschließt. Als erstes würden jetzt die behördlichen Akten eingesehen, so Bagger zum weiteren Verlauf, „dann schauen wir klarer, ob da was dran ist“.

Frommann wies die Beschuldigungen im Gespräch mit der taz als „absurd“ zurück. Der Alleininhaber und Geschäftsführer einer Immobilienfirma wohnt mit seiner Lebensgefährtin Irene G. und den beiden gemeinsamen Töchtern (drei Jahre, neun Monate) in Wilhelmsburg. Seit der Geburt der Jüngeren beziehen sie „für ein Jahr etwas mehr als 400 Euro monatlich“ Erziehungsgeld, so Frommann. Dies habe die zuständige Stelle im Bezirksamt Harburg auf Antrag zuerkannt. „Das ist alles ordentlich geprüft und genehmigt worden“, beteuert er.

Die Bemessungsgrenzen für Erziehungsgeld sind nicht allzu üppig (siehe Kasten), allein mit den Bezügen als Feierabendparlamentarier – Grunddiät: 27.360 Euro im Jahr – werden sie fast erreicht. Für die Beantragung sei aber das gemeinsame Einkommen des Jahres 2003 maßgeblich gewesen, sagt Frommann. Damals habe seine Firma „eine gewisse Durststrecke gehabt“, versichert er. Und in die Bürgerschaft kam er erst im März vorigen Jahres nach der Neuwahl.

Gerade erst vor vier Wochen, am 4. Mai, habe er das Bezirksamt um nochmalige Prüfung gebeten, berichtet Frommann. Das Ergebnis: Der Bezug der staatlichen Beihilfe wurde bestätigt. Anlass war seine Verstrickung in die CDU-Affären im April gewesen (taz berichtete): Er hatte Irene G. als Mitarbeiterin in seinem Abgeordnetenbüro angestellt. Dies aber stellt nach Ansicht aller Fraktionen eine Umgehung des Abgeordnetengesetzes dar, welches die Beschäftigung von „Ehepartnern“ ausdrücklich untersagt. Das Gesetz soll nun vermutlich im Herbst „modernisiert“ werden.

Frommann hat deshalb das Arbeitsverhältnis mit seiner Partnerin aufgelöst. Weil er aber „sensibilisiert“ gewesen sei für die öffentlichen Anforderungen an das Gebaren von Volksvertretern, habe er freiwillig das Bezirksamt um erneute Überprüfung des Erziehungsgeldes gebeten, beteuert Frommann: „Alles in Ordnung, ich habe mir nichts vorzuwerfen.“ Dafür, sein Bürgerschaftsmandat niederzulegen, sehe er „keinen Anlass“.