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Archiv-Artikel

Schon eine runde Sache

Die Schallplatte ist eine von Emil Berliner vor nun bereits 125 Jahren erfundene Scheibe, in die Schallsignale gepresst werden können. Will man diese Schallsignale, oft handelt es sich dabei um Musikstücke, aber wieder hören, hat man bereits das erste Problem. Denn die Schallplatte allein tut es noch nicht, sondern man braucht zum Abspielen einen Schallplattenspieler, der in der Wohnung dann doch sperrig im Weg herumsteht. Außerdem hat die Schallplatte als analoger Tonträger die Eigenschaft, tatsächlich da zu sein mit seiner Datenmenge, die man nicht einfach so auf einer Rechnerwolke parken kann. Hat man erst ein paar dieser Tonträger bei sich angesammelt, braucht man sich nicht zu wundern, wenn einem die Freunde beim nächsten Umzug nicht mehr helfen wollen. Weil man trägt schwer an seinen Schallplatten. Ganz davon abgesehen, dass diese Dinger auch kaum einen Spaß vertragen und keine suffselige Party, weil die Lieblingssingles dann doch nur zerschrammt und verkratzt auf dem Boden herumliegen. Knistern tun Schallplatten sowieso von Fabrik aus. Immer. Und weil Schallplatten aus Vinyl verfertigt werden, also aus PVC, schöpft man mit jeder Schallplatte aus unseren unwiederbringlichen Ressourcen, weil für PVC eben Erdöl nötig ist. Nachhaltigkeit beim Musikhören ist was anderes.

Aber zwischendurch mag man vielleicht an das kleine Lied erinnern, wie es Gene Pitney gesungen hat, in dem es um einen Groschen geht und das Glück, das man sich dafür kaufen kann, also If I didn’t have a dime and I didn’t take the time, to play the jukebox. O saturday night would have been a sad and lonely night for me. Aber er hatte einen Dime, und damit ließ er die Platten drehen, und er drehte sich mit ihr, und draußen der Mond und dann der Kuss … Aber heute muss man an so einem Samstag lange gehen und wird doch keine Jukebox finden. Weil es ja keine Jukeboxen mehr gibt.

Und damit gibt es nun wirklich keinen rational nachvollziehbaren Grund mehr für die Schallplatte. Was sie so zu einer Glaubensfrage macht. Aller Vernunft entzogen, existiert sie abseits des Sinns. Wie Dada. Sie erschöpft sich in sich selbst.

Was man aber ja gar nicht genug feiern kann in unseren auf Effizienz und Optimierung ausgelegten Zeiten. Es ist also Zeit, sie auch zu vertrödeln, mit der Schallplatte, bei sich daheim oder in Gemeinschaft, zum Beispiel in einem Berliner Plattenladen, wo man morgen am Samstag wieder mal den Record Store Day feiert. Hier und da auch mit Ladenkonzerten. Programm: www.recordstoreday.de

Die Welt ist eine Scheibe, und die dreht sich. THOMAS MAUCH