piwik no script img

berliner szenenIhr Probetag als Türsteherin

Es ist kalt in Tiergarten. Draußen vor der Kneipe in den S-Bahn-Bögen fegt der Wind den S-Bahn-Bogen entlang. Die anderen sitzen drinnen im Warmen und W. und ich fragen uns wieder mal, wie blöd man sein kann zu rauchen, und das bei dem Wetter, als sich eine Frau von drinnen zu uns gesellt. Sie trägt eine beigefarbene Mütze über glatten blonden Haaren und sagt mit frechem Blick: „Voll kalt, da braucht man schon ne Mütze, oder? Hab ich mir eben vom Nebentisch geliehen.“ Wir nicken belustigt. Sie fragt nach Feuer und erzählt, dass sie nur dieses Wochenende in Berlin ist und Spaß haben will.

An uns geht ein Paar vorbei und öffnet die Tür. Beide sind älter als wir und als die beiden drin sind, sagt die Frau: „Ach Mist, ich wollte die nach ihrem Ausweis fragen!“ W. sagt: „Damit hättest du denen bestimmt gute Laune gemacht.“ „Ja siehste“, sagt die Frau, „allein deswegen mach ich jetzt mal die Türsteherin hier.“

Ein Mann mit einem grauen Müllsack will an uns vorbei in den Eingang. Die Frau mit der Mütze hält ihn auf: „Entschuldigung, kannst du mir mal deinen Ausweis zeigen?“ „Was willst du? Ich bin schon über 18, das kannst du aber glauben“, lacht der Mann.„Zeigst du ihn mir trotzdem bitte? Es ist mein Probetag als Türsteherin und ich soll mir jeden Ausweis zeigen lassen.“ „Na davon wüsst ick aber“, sagt der Mann und lacht. „Ich bin hier Geschäftsführer.“

Wir fallen in sein Gelächter ein. Als er drinnen ist, sagt sie: „Alter, hab ich ein Glück, dass mir das beim ersten Versuch ausgerechnet mit dem Chef passiert. Ist so wahrscheinlich wie ein Treffer im Lotto, oder? Vielleicht sollte ich mal anfangen zu spielen. Das wird doch jetzt was! Dann muss ich auch keine Probeabende als Türsteherin mehr machen.“

Sie geht rein. W. und ich gucken uns an und lachen noch lange. Isobel Markus

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen