„Aus Rücksicht auf die Türkei“

GEDENKSTUNDE Bremer erinnern mit Messe und Lesung an den Genozid an den Armeniern von 1915

taz: Herr Mangelsen, heute ist…

Jochen Mangelsen: …der Gedenktag des türkischen Völkermords an den Armeniern.

Was bedeutet es, dass dieser Völkermord nicht anerkannt wird?

Im Unterschied etwa zu Frankreich hat Deutschland bisher nicht festgestellt, dass das ein Völkermord im Sinne des Völkerrechtes war. Es gab 2005 eine Bundestagsdebatte. In der Resolution kommt das Wort Völkermord nicht vor – aus Rücksichtnahme auf die Türkei.

Was hätte die förmliche Erklärung für eine Bedeutung?

Für die Armenier ist das psychologisch sehr wichtig. Die Türkei versucht bis heute, die Geschichte umzudrehen und die Opfer für die Morde verantwortlich zu machen. So stehenden die Trauernden seit 97 Jahren unter Rechtfertigungsdruck.

Was passiert heute am Kreuzstein?

Wir werden uns dort versammeln, Blumen niederlegen und ein armenischer Diakon aus Göttingen wird dort für die Seelen der Verstorbenen eine Messe lesen.

Abends soll es eine Lesung geben von Armin T. Wegner.

Wegner war ein expressionistischer Dichter und als Sanitäter seinerzeit in Armenien. Er hat die Ermordung der Armenier dort mitbekommen.

Und schon 1916 versucht, die Nachricht dem Deutschen Reich nahe zu bringen, das mit der Türkei verbündet war.

Ja. Er hat es dokumentiert mit Fotos und aufwühlenden Texten.

INTERVIEW: KAWE

Gedenkstunde am Kreuzstein (Gustav-Deetjen-Allee/Parkstraße): 18.30 Uhr; Lesung von Texten von Armin T. Wegner: 19.30 Uhr, Buchhandlung Leuwer, Am Wall 171