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Wenn die Bahn einen echt zu nichts zwingen will

Die Hunde meiner Eltern sind schon seit vielen Jahren tot, aber ich höre immer noch ihre Krallen über die Dielen schlittern, wenn ich wie jetzt am Zweiten Weihnachtstag vor der Haustür stehe. Jedes Mal brauche ich einen Moment, um zu verstehen, dass sie nicht mehr da sind, der Größere mir nicht gleich die Schnauze in den Schritt drücken wird, begleitet vom Jaulen des Kleineren.

Es sind nicht die einzigen Klänge, die in der Erinnerung so lebendig geblieben sind, dass ich auf sie warte, obwohl ich weiß, sie gehören der Vergangenheit an. Genauso erwarte ich auf dem Weg zu meinen Eltern eine Durchsage der Nordbahn zwischen Bad Oldesloe und Neumünster, die mich vor 20 Jahren amüsiert hat. Es kann sie nicht länger als einen Sommer gegeben haben, aber sie klingt mir noch so im Ohr, als habe ich sie erst vor ein paar Tagen das letzte Mal vernommen.

Altengörs

gehört zur Gemeinde Neuengörs mit 813 Einwohner*innen und liegt acht Kilometer südöstlich von Bad Segeberg in Schleswig-Holstein. Das 1990 erschienene Buch „Altengörs: Chronik eines alten Slawendorfes“ ist immerhin 570 Seiten stark.

Auf der Strecke liegen ein paar wahre Milchkannen-Haltestellen, in Orten, so klein, dass der Zug nur „bei Bedarf“ hält. „Bitte die Haltewunschtaste betätigen“, heißt es heute. Damals schallte eine launige Männerstimme in breitem Norddeutsch, die über das S im spitzen Stein stolperte, durch den Lautsprecher. „Altengörs! Niemand zwingt Sie, hier auszusteigen!“ Eiken Bruhn

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