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Archiv-Artikel

Keine falsche Scheu

Eine Kampagne der Initiative „Männergesundheit“ soll über Prostatakrebs aufklären. Mit dabei: der viel diskutierte PSA-Test

Von grä

Bremen taz ■ Männergesundheit ist ein Thema, das bislang weder unter Gesundheitspolitikern noch unter Männern besondere Aufmerksamkeit gefunden hat. Um das zu ändern, veranstaltet die Initiative „Männergesundheit“ vom 8. bis 11. Juni eine Aufklärungskampagne mit dem Schwerpunktthema Prostatakrebs. Angesichts der Tatsache, dass lediglich 15 Prozent der Männer zur Früherkennung gingen – bei den Frauen sind es 60 Prozent – müsse man „die Scheu aufbrechen“, sagte Bürgermeister Henning Scherf, der die Schirmherrschaft übernommen hat, bei der Vorstellung des Konzepts. „Die Gesundheitspolitik muss umdenken“, betonte Sozialstaatsrat Arnold Knigge (SPD) angesichts der sogar sinkenden Zahl von Früherkennungsuntersuchungen bei Männern. „Nach den Kindern und Frauen müssen nun auch die Männer entdeckt werden.“

Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern über 50 Jahren, pro Jahr werden rund 40.000 Neuerkrankungen und mehr als 11.000 Todesfälle diagnostiziert. Die Aufklärungskampagne soll mit ihren Informationsveranstaltungen rund um den Roland – und einen eigens aufgestellten, elf Meter hohen Obelisken der Urologie – Männern die Scheu vor den Vorsorgeuntersuchungen nehmen – unter anderem mit einem kostenlosen PSA-Test.

Doch der ist in Fachkreisen durchaus umstritten. Der Bluttest, bei dem der Wert des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) getestet wird, wird von Kritikern als zu ungenau moniert. So schreibt der Medizinjournalist Klaus Koch, dass nach US-Statistiken 100 durch den PSA-Test richtig entdeckten Tumoren 25 bis 250 Tumore gegenüberständen, die nicht erkannt würden, weil ihr PSA-Wert unter dem Grenzwert liegt. Hinzu kommt, dass ein einzelner PSA-Test oft nicht aussagekräftig ist, weil bereits mechanische Belastungen, eine Entzündung oder gutartige Vergrößerung der Prostata den PSA-Wert in die Höhe treiben kann. Ob ein erhöhter PSA-Wert auf einen Tumor hinweist, wird anschließend meist durch eine Gewebeprobe entschieden.

Kochs Hauptkritikpunkt sind die Schäden, die durch überflüssige Operationen, Bestrahlungen und Hormonbehandlungen nach PSA-Test entstehen. Denn der Test, so argumentiert er, erkenne überwiegend Tumore in einem so frühen Stadium, dass nicht absehbar sei, wie sie sich weiter entwickelten. Da die Patienten vielfach älter als 70 Jahre seien, bleibe der Nutzen fragwürdig, das Rikio jedoch hoch.

Doch die Organisatoren der Aufklärungskampagne versichern, dass man in Bremen differenziert mit dem Thema PSA-Test umgehen wolle. Nur wer an einer vorherigen Informationsveranstaltung über die Risiken teilgenommen habe, so Kurt Dreikorn, Direktor der Klinik für Urologie des Klinikums Bremen-Mitte, werde zum PSA-Test zugelassen. grä

Das Programm beginnt am Mi, 8.6., 20 Uhr mit einer Talkrunde in der Bürgerschaft. Fr 14-18 Uhr und Sa 9-18 Uhr Veranstaltungen auf dem Marktplatz.