LESERINNENBRIEFE :
Erbsensuppe und Panzerfaust
■ betr.: „Klassenfahrt ins Atom-Endlager“, taz vom 22. 8. 09
Na, das hat sich das Bundesamt für Strahlenschutz bei der Bundeswehr abgekuckt. Früher kam auch der Jugendbeauftragte in die 10. Klassen, erzählte was über die tolle Verteidigungsaufgabe, diskutierte ein bisschen und lud dann die SchülerInnen in die nächste Kaserne ein. Da gab’s dann beeindruckende Hubschrauberlandungen, Erbsensuppe, einen netten Film über entspannte Manöver in Norwegen und Waffenschau (möchtest du mal die Panzerfaust nehmen? So manipuliert man Minderjährige. JÖRG RUPP, Malsch
Angriff auf erkämpfte Freiheiten
■ betr.: „Wut über Doppelbotschaft“, taz vom 20. 8. 09
Sehr richtig! Man könnte das Thema sicher „tiefschürfender“ analysieren, aber es ist völlig richtig und wichtig, sich dem Thema Kopftuch/Verschleierung auf dieser Ebene der Frauenrechte anzunehmen. Ich empfinde die Botschaft genauso, zumal ich fast jeden Tag in Neukölln unterwegs bin. Ich finde es entsetzlich, dass Freiheiten, die erst in den 70er-Jahren erkämpft wurden (das betrifft natürlich nicht nur eine Kleidungsfrage, sondern grundsätzliche Frauenrechte) und inzwischen selbstverständlich geworden waren, so massiv in Frage gestellt und sogar zunehmend angegriffen werden. Nach meiner Wahrnehmung wird immer mehr Kopftuch oder Ganzkörperverhüllung getragen und offensiv zur Schau gestellt, und das ist nicht „marginal“. SILVIA WÜNSCH, Berlin
Mir war zum Heulen zumute
■ betr.: „Wut über Doppelbotschaft“, „Persönlich beleidigt“,taz vom 20. und 22./23. 8. 09
Am Freitag besuchte ich mit einer Freundin „Das Titanic-Orchester“ im Rahmen des Orientexpress. Meine Freundin stammt aus der Türkei, kommt aus sehr konservativen islami(sti)schen Kreisen und lebt seit zehn Jahren in Deutschland. Natürlich trägt sie ein Kopftuch. Hinge sie allerdings selbst radikalislamischen Vorstellungen an, wäre ich nicht seit vielen Jahren mit ihr befreundet. Stattdessen kämpft sie mit ausdauernder Zähigkeit um kleine Freiheiten innerhalb ihres Lebensumfelds. Auch stand schon mehrmals der absolute Bruch mit ihrer Familie zur Debatte, doch schreckte sie vor diesem unumkehrbaren Schritt bisher zurück.
Sie ist eine glühende Anhängerin der deutschen Gesellschaft, oder anders ausgedrückt: Sie kennt die deutsche Gesellschaft nicht, da sie aus ihrer türkischen Parallelgesellschaft nie wirklich herausgekommen ist. Entsprechend erträumt sie sich die deutsche Gesellschaft als Gegenentwurf zu ihrem begrenzten Leben. Einer ihrer größten Wünsche ist es, am kulturellen Leben teilhaben zu dürfen. Am vergangenen Freitag schließlich erlaubte ihr Mann ihr, mit mir ins Theater zu gehen – eine Premiere!
Wir setzten uns in die vierte oder fünfte Zuschauerreihe, ziemlich in die Mitte. Rechts neben mir saßen bereits einige Zuschauer, links neben meiner Freundin waren die Plätze noch unbesetzt. Die Sitzreihen füllten sich nach und nach. Unter uns, über uns, nur unsere Reihe blieb leer. Deutlicher kann Ausgrenzung eigentlich nicht vor Augen geführt werden. Erst kurz vor Beginn der Vorstellung „getraute“ sich ein Pärchen, neben meiner Freundin Platz zu nehmen. Danach füllten sich die restlichen Plätze der Reihe in Sekundenschnelle. Was soll ich zu diesem Erlebnis noch hinzufügen? Dass mir zum Heulen zumute war? RENATE HEUGEL, Berlin
Was sagt Merkel zu Netanjahu?
■ betr.: „sonntazwette“ vom 22./23. 8. 09
Netanjahu wird also nach Berlin kommen, um die deutsche Kanzlerin zu treffen. Ich bin gespannt, was diese dem Gast sagen wird. Ob sie wieder, wie bei vergangenen Begegnungen mit Politikern in Israel, ihr völliges Einverständnis mit der israelischen Politik ausdrücken wird, mit Siedlungsbau, Gazakrieg, Mauerbau und Aushungern der Menschen in Gaza? Ich wünsche mir, dass Frau Merkel beim jetzigen Treffen die Einhaltung der Menschrechte in Israel auch gegenüber den Palästinensern einfordert und beispielsweise die Versorgung der im Gazastreifen eingeschlossenen Menschen mit Nahrungsmitteln, medizinischen Gütern und Treibstoff anmahnt. GEORG FRITZEN, Düren
„Terrorismus“, Diener vieler Herren
■ betr.: „Folgen der Repression“, taz vom 18. 8. 09
Endlich ein wirklich differenzierter Beitrag zum Thema ETA. Man muss sich wundern, wie beständig die etablierte Presse einer genaueren Analyse dieses Themas aus dem Weg geht – oder vielleicht ist es bezeichnend. Es wird klar, wie das Etikett „Terrorismus“ Diener vieler Herren ist. CHRISTEL PLÜMER, Barcelona, Spanien