Minister sieht den Hass wachsen

EXTREMISMUS Bei der Vorstellung seines Verfassungsschutzberichts sieht Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) in allen Lagern „Ideologien des Hasses“ am Werk. Warnung vor Anschlägen

Linksextreme Gewaltbereitschaft wird mit Autobränden in Berlin und Hamburg belegt

Eine Verfestigung zu „Ideologien des Hasses“ fürchtet Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU), und das in allen extremistischen Lagern. „Anschläge sind in Deutschland jederzeit und allerorten möglich“, sagte er gestern bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für 2011. Vor allem sorge er sich um eine Radikalisierung islamistischer oder rechtsextremer Einzeltäter durch das Internet.

Besonders in Schünemanns Fokus: Salafisten, deren Zahl in Niedersachsen laut Verfassungsschutzbericht zwischen 2010 und 2011 von 200 auf 275 gestiegen ist. Hauptzentrum ist demnach die Islamschule des Predigers Mohammed Ciftci in Braunschweig, Gründer des inzwischen aufgelösten Vereins „Einladung zum Paradies“. Dort werde zwar nicht zu Gewalt aufgerufen, sagte Schünemann, Ciftcis Schule wirke „aber dennoch radikalisierend“.

Der Minister plädierte erneut für sein umstrittenes „Antiradikalisierungs-Programm“, bei dem Moscheegemeinden verdächtige Muslime melden sollen. Davon hatten sich die muslimischen Verbände Schura und Ditib distanziert: Das Programm installiere eine „Blockwart-Mentalität“ und stelle alle Muslime unter Generalverdacht. Diesen Vorwurf, sagte Schünemann gestern, könnten die „verfassungstreuen Moscheegemeinden“ nur ausräumen, „wenn sie sich an die Spitze der Bewegung stellen“.

Im Rechtsextremismus ist das Potenzial laut Verfassungsschutzbericht zwar von 2.045 auf 1.625 Personen gesunken. Die Neonazi-Szene mit Kameradschaften und „Autonomen Nationalisten“ ist dagegen aber von 400 auf 420 Personen gewachsen. Neonazi-Gruppierungen verzeichnen die Verfassungsschützer landesweit in 17 Orten und vor allem im Osten Niedersachsens wie Braunschweig, Hildesheim oder Celle.

Eine stetig sinkende Hemmschwelle zu Gewalt macht Schünemann innerhalb der linksextremistischen Szene aus. 940 statt 910 Autonome und Gewaltbereite sieht der Verfassungsschutzbericht, darunter fallen auch Castor-Gegner und „militante Tierschützer“. Als Beleg für deren Gewaltbereitschaft werden auch Autobrandserien in Berlin und Hamburg angeführt – „verfälschende Aussagen“, fanden die Landtagsgrünen: In beiden Städten wurden mutmaßliche Brandstifter festgenommen, ein politischer Hintergrund wird ausgeschlossen. THA