: Bierverkauf ist Konzentrationssache
Die Bierbranche versucht dem Abwärtstrend mit Konzentrationen zu begegnen. Nun kündigte Warsteiner sogar die Übernahme von Jever und Erdinger an. Doch bei den Brauern der prominenten Biermarken will man davon nichts wissen
VON JÖRN-JAKOB SURKEMPER
Beim Aufkauf von Biermarken muss sich Warsteiner in Geduld üben. Der bayrische Weißbierproduzent Erdinger hatte am Montag Verkaufsabsichten an die Sauerländer zurück gewiesen. Nun bremst auch Jever Gedankenspiele von Warsteiner aus. „Es ist klar, dass eine Marke wie Jever Begehrlichkeiten weckt. Es bestehen aber definitiv keine Absichten, sich von Jever zu trennen“, sagte Udo Dewies, Sprecher des Jever Mutterkonzerns Brau und Brunnen der taz nrw.
Bei Warsteiner fühlt man sich missverstanden: „Das ist alles etwas aus dem Zusammenhang gerissen worden“, entschuldigt Christoph Hermes, Leiter der Warsteiner-Unternehmenskommunikation, das Fiasko mit der prominenten Einkaufsliste: „Grundsätzlich haben wir natürlich Interesse und auch entsprechendes Kapital, weitere Brauereien aufzukaufen.“ Mit Erdinger und Brau und Brunnen habe es aber keine konkreten Verhandlungen gegeben. Über alternative Kaufobjekte wollte sich Hermes nicht äußern.
Auch wenn diese Aufkäufe erst einmal vom Tisch sind, spricht der Trend in der Braubranche für eine wachsende Konzentration. Fast alle deutschen Brauereien kämpfen mit Absatzrückgängen. Bei der Haus Cramer-Gruppe, der neben dem Aushängeschild Warsteiner auch Paderborner und Frankenheim Alt gehört, sank der Absatz zum zweiten Mal in Folge um 6,6 Prozent. Ihre Kernmarke Warsteiner, der einstige deutschen Marktführer, hatte sogar noch dramatischere Einbrüche. Hier sank der Absatz zum dritten Mal in Folge: Inklusive Export wurden 2004 mit 3,8 Millionen Hektolitern 9,5 Prozent weniger abgesetzt. Mit weiteren Zukäufen will die Cramer-Gruppe nun die Absatzeinbußen auffangen. Man rechne aber auch in den kommenden zwei Jahren mit Verlusten, sagte Warsteiner General-Bevollmächtigter Gustavo Möller-Hergt bereits im März.
Damit liegt Warsteiner voll im Trend. Nach einer bereits letzten Monat veröffentlichten Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG, rechnen 88 Prozent der Brauereien in Deutschland mit weiteren Absatzrückgängen.
Nach Angaben der KPMG sank der Bierausstoß in Deutschland in den letzten zehn Jahren um elf Prozent. In NRW, dem Bundesland mit der höchsten Bierproduktion, war der Rückgang sogar noch deutlicher. Hier sank der Gesamtausstoß von über 31 Millionen Hektoliter im Jahr 1995 um über 23 Prozent auf knapp 24 Millionen im Jahr 2004. Dies geht aus der Statistik des Verbandes Rheinisch-Westfälischer Brauereien hervor. Nach dessen Angaben sank der Bierausstoß in den ersten beiden Monaten dieses Jahres sogar nochmal um 13,5 Prozent.
Auch die seit 2004 zum Oetker-Konzern gehörende Brau und Brunnen AG konnte im Jahr 2004 ihren Umsatz nicht steigern und fuhr einen operativen Verlust von 30 Millionen Euro ein.
Dem negativen Branchentrend trotzt hingegen die Krombacher-Brauerei aus dem Sauerland, die 2004 ihren Ausstoß um 1,4 Prozent auf 5,5 Millionen Hektoliter steigern konnte und mittlerweile vor Bitburger und Warsteiner deutscher Marktführer unter den Privatbrauereien ist. Wie aus der KPMG-Umfrage weiter hervorgeht, rechnet die Mehrheit der Brauereien als Reaktion auf die anhaltend schlechte Wirtschaftslage mit weiteren Zusammenschlüssen und einem verstärkten Einsteig internationaler Konzerne. Bereits jetzt vereinigten die acht größten Brauerei-Konzerne in Deutschland einen Marktanteil von zwei Dritteln auf sich – ein Trend der sich mit den jüngsten Kaufabsichten von Warsteiner fortzusetzen scheint.