: Sonderfahrt für rechten Mob
NAZI-TOURISMUS Im Sonderbus transportiert ein Hamburger Verkehrsbetrieb Neonazis von Infostand zu Infostand – angeblich zum Schutz der sonstigen Fahrgäste. Eine Aufforderung der Polizei fehlt
Die Hamburger Hochbahn (HHA) hat dem NPD-Landesverband einen Sonderbus zur Verfügung gestellt, um Neonazis von Infostand zu Infostand zu transportieren. Das besagt die jetzt veröffentlichte Antwort des Hamburger Senats auf eine Anfrage der dortigen Linksfraktion. HHA-Sprecher Christoph Kreienbaum sagt: „Das geschah zum Schutz unserer Fahrgäste.“ Eine entsprechende Order der Polizei erging – anders als zu früheren Anlässen – offenbar nicht.
15. August, Fuhlsbüttler Straße in Hamburg-Barmbek: Rund 20 Neonazis haben sich an diesem Vormittag um einen Infotisch postiert und verteilen NPD-Materialien. Es kommt zu Rangeleien zwischen Protestierenden und der Polizei, zwei Frauen werden von Neonazis angegriffen und verletzt. Gegen Mittag setzt die Polizei dem Treiben ein Ende: Sie räumt eine Bushaltestelle, damit die Rechtsextremisten ungehindert wegfahren können. Der Fahrer eines Linienbusses weigert sich, die Neonazis zu transportieren. Erst der nächste Bus nimmt sie mit – allerdings auch nur ein kurzes Stück. Während die Polizei in ähnlichen Fällen mehrfach Busse sozusagen beschlagnahmte, stellt die HHA diesmal von sich aus kurzfristig einen Sonderbus bereit.
„Wir wollten eine Eskalation vermeiden“, sagt Sprecher Kreienbaum. Daher habe sich die Leitzentrale entschlossen, einen ohnehin vorgehaltenen Bereitschaftsbus zu schicken. „Wir wollten eine Fahrt im normalen Linienverkehr verhindern“, sagt Kreienbaum, „um Fahrgäste nicht zu gefährden“. Schließlich unterliege das Verkehrsunternehmen dem „Beförderungszwang“.
Mit dem Bus fuhren die Rechten dann in den Stadtteil Wandsbek, wo die NPD einen weiteren Info-Stand aufgebaut hatte. „Dorthin“, sagt Kreienbaum, „wären sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln auch gekommen“. Die Innenpolitikerin der Hamburger Linkspartei, Christiane Schneider, ist empört: Das Busunternehmen organisiere „Sonderfahrten für Neonazis, damit diese ihre rassistische Propaganda in einen anderen Stadtteil betreiben können“.
Dass es auch anders geht, zeigte dagegen die Pinneberger Verkehrsgesellschaft, die wie die HHA Teil des Hamburger Verkehrsverbunds ist: Sie vereinbarte im Mai mit der Gewerkschaft Ver.di, keine Neonazis in Sonderbussen zu transportieren (taz berichtete). PETER MÜLLER